Pierre liebte endlos lange, in gewisser Weise kontemplative Autofahrten allein, also war es kein Beinbruch, dass sein Passagier während dieser – dem Navi zufolge – zehnstündigen Fahrt in die Provence ein schweigsamer, vegetativer Idiot war.
Sonny hieß sein stiller Reisegefährte. Er war fünfzehn, fast sechzehn, und roch durchdringend nach Talkumpuder und Krankenhaus. Sonny. Ein super Name für einen geistig Behinderten, fand Pierre. Keine Ahnung, was die Mutter sich dabei gedacht hatte, ihrem Sprössling ausgerechnet diesen Namen zu geben. Sonny – aus welcher Wühlkiste mit Kindervornamen mochte sie ihn gefischt haben? Na, auf jeden Fall klang der Name sehrsohnig.
Und «vegetativer Idiot»? Nun ja, das Etikett, das er diesem Produkt eines reichlich schieläugigen Schöpfers damit verpasste, war vielleicht nicht das wissenschaftlich korrekteste. Wenn es überhaupt eine Bezeichnung für diesen ganz speziellen Fall gab. Außer ab und zu einem spastischen Zucken des Kopfes oder des astdürren Armes zeigte der Junge nur wenig Bewegung. Auch wäre es ein Euphemismus gewesen zu sagen, sein Wortschatz sei bloß etwas kleiner als jener der meisten anderen Witzfiguren, mit denen zusammen er den Fußboden seiner Pflegeeinrichtung vollsabberte: In Wahrheit sprach er nämlich überhaupt nicht. Ein paar Urlaute stieß er aus, okay, ein wenig Geächz und Gestöhn, aber stets zurückhaltend und manierlich. Und auch das Sabbern betrieb er eigentlich eher minimalistisch. Hin und wieder etwas schäumender Speichel auf den fleischlosen Lippen, wie bei einem fachmännisch zubereiteten Latte Macchiato, schockierender wurde es nie.
Auch Lachen, dieses