Esoterik in Recruiting und Personalauswahl: 5 Gründe gegen Profiler, Physognomen und Hellseher
// Von Simone Janson
Orakel und Hellseher sind so alt wie die Menschheit, doch auch im 21. Jahrhundert hat Esoterik Hochkonjunktur – und zwar auch in einem Bereich, wo man sie kaum vermutet, nämlich im Personalwesen. Dort tobt gerade eine heftige Diskussion um die Social Recruiting Days und esoterische HR-Experten.
Esoterik ist absurd
Vor einigen Jahren rief bei mir eine Wahrsagerin an. Passend zu Beginn des neuen Jahres, um mir die Zukunft mittels Tarotkarten, Horoskopen usw. zu orakeln. Und so geschah es, dass man mir weissagte, dass ich in diesesm Jahr einen Bestseller landen und reich und berühmt werden würde….-)
Aber nein, so war es nicht. Tatsächlich hat bei mir eine Wahrsagerin angerufen. Aber nicht, um mir die Zukunft zu orakeln, sondern um von mir eine Auskunft zum Thema Existenzgründung zu erfahren: Nämlich, wie das denn sei mit der Umsatzsteuer und der Wahrsagerei. Nicht nur dieses Erlebnis hat dazu geführt, dass ich meine Telefonnummer nicht mehr so einfach herausgebe. Und es zeigt, wie absurd das Thema Esoterik ist.
Vorsicht, Wahrsager am Telefon
Mal davon abgesehen, dass ich aufgrund des Rechtsdienstleistungsgesetzes solche Rechtsauskünfte gar nicht geben darf und es daher auch nicht tat sondern die Dame auf eine Informationssite zum Thema umleitete: Wie kann man Wahrsager sein und so etwas nicht wissen?
Ich meine, für einen guten Wahrsager müsste Existenzgründung doch ein Klacks sein. Nicht nur, dass ich bislang immer dachte, sie könnten gesetzliche Fallstricke und alle Regeln mit einem Schlag finden – am besten auspendelnd vor dem Kaffeesatz vor dem Gesetzesbuch, bzw. dem Computer – sie müsste doch alle Probleme vorhersehen und damit gleich umgehen können.
Können Wahrsager nicht Ihren eigenen Erfolg vorhersehen?
Und sie müssten von vorneherein wissen, in welche Geschäftsidee es sich zu investieren lohnt und welche sie reich macht. Von daher könnten Sie sich dann auch Top-Berater leisten und hätten es nicht nötig, Experten um einen kostenlose Auskunft anzujammern.
Aber da das alles in diesem Fall nicht gegeben war, bescheinige ich dieser Geschäftsidee keinen durchschlagenden Erfolg. Und dazu gehört gar keine Wahrsagekunst. Oder möchten Sie, egal wegen was auch immer, von jemandem beraten werden, der sich selbst ganz offenbar nicht beraten kann?
Esoterik in der Personalauswahl
Nun mal im ernst, denn leider ist das Thema gar nicht so komisch wie es auf den ersten Klick klingt, denn Esoterik hat zur Zeit Hochkonjunktur. In der Gesellschaft, in der Politik – und leider auch im sonst so seriös scheinenden Personalwesen.
Gerade einmal wieder wird das Thema in Recruiting-Kreisen stark diskutiert. Grund: Eine methodisch nicht unumstrittene Profilerin namens Suzanne Grieger-Langer, die im September auf renommierten Social Recruiting Days als Keynotespeakerin auftritt.
Fragwürdig und pseudowissenschaftlich
Henner Knabenreichhat sich des Themas angenommen und gibt gleich noch einen Überblick über die verschiedenen, am Markt erhältlichen fragwürdigen Methoden:
„Stellen Sie sich vor, es gäbe eine Software, die anhand einer 15-minütigen Sprachanalyse beurteilt, ob ein Bewerber für einen Job geeignet ist, oder nicht. Wäre das nicht ein Traum? Oder aber ein Tool, welches anhand von 100 geschriebenen Worten die Eignung eines Kandidaten beurteilt. Alles algorithmenbasiert und vorurteilsfrei natürlich. Oder aber es gäbe einen „Profiler“, der anhand der Analyse von Frisur, Brillentyp und Körperform sowie von Schriftproben beurteilt, ob ein Bewerber wirklich der richtige ist. Ein Traum, nicht wahr? Klar, dass jemand mit nahezu übersinnlichen Fähigkeiten auch bei angesagten Recruiting-Events nicht fehlen darf. Und so bereichert eben dieses „Profiling-Talent“ namens Suzanne Grieger-Langer auch die diesjährigen Social Recruiting Days als Keynote-Speaker. Die HR-Community gibt sich (zurecht) empört.“
Reaktion der Kunden
Leider sind die hier so ironisch-witzig benannten Methoden allesamt ziemlich real und Grieger-Langer wirft offenbar nicht nur Fragen auf hinsichtlich ihrer Methodik sondern auch Ihres Lebenslaufs, wie das Landgericht Bielefeld im Juli bestätigte
Update: Nun aber haben die Social Recruiting Days nun auf den öffentlichen Druck reagiert und die umstrittene Referentin als Keynote-Speakerin aus dem Programm genommen. Grieger-Langer wird nun in einer Podiumsdiskussion zu Ihren Thesen Rede und Antwort stehen.
Nichts Neues: Geschickte Verzahnung zwischen Wissenschaft und Esoterik
Das perfide bei all den genannten Beispielen ist die geschickte Verzahnung zwischen wissenschaftlich fundierten Methoden und Esoterik, wie Dr. Uwe Peter Kanning, Professor für Wirtschaftspsychologie an der FH Osnabrück und ebenfalls Speaker auf den Social Recruiting Days im September, in einem Interview bei Spiegel-Online schon 2010 berichtete.
Damit zeigt er, dass das Thema Esoterik in der Personalauswahl gar nicht so neu ist und berichtet sehr kritisch über fragwürdige Methoden bei der Personalauswahl wie z.B. die Auswahl nach Sternzeichen. Wenn das auch für viele unschwer als Mumpitz zu erkennen ist, gibt es auch Methoden, die mittlerweile eine pseudowissenschaftliche Aufwertung erfahren haben und daher vergleichsweise unkritisch betrachtet und werden und dadurch auch in seriös scheinende Karriere-Ratgeber-Literatur Einzug gehalten haben.
Pseudowissenschaftliche Aufwertung
Ein gutes Beispiel ist etwa Graphologie, besser bekannt als Handschriftenerkennung: Ich z.B. habe damals noch in der Schule gelernt, dass man Lebensläufe mit der Hand schreibt, weil die Unternehmen aus dem Schriftbild Rückschlüsse ziehen. Angeblich greifen immerhin 2,4 Prozent der deutschen Unternehmen bei der Personalauswahl auf