«Das Geheimnis des Glücks ist die Freiheit, das Geheimnis der Freiheit der Mut.»
Perikles
Kapitel 1Scheitern ist keine Option
Lampang wirkt zur Morgendämmerung noch verschlafener als ich. Wo bin ich hier gelandet? Ich bin ja kein Tourist. Exotische Sehenswürdigkeiten interessieren mich nicht. Auf dem Bahnhofsvorplatz steht eine alte Lokomotive. Was soll’s. Viel später werde ich erfahren, dass Lampangs Bahnhof um 1912 vom Ingenieur Karl Döring erbaut wurde, einem Deutschen. Auch in Ordnung.
Im Zwielicht des frühen Tages suche ich den Ausgang. Habe keinen Blick für die Pagoden und Chedis der buddhistischen Tempel Lampangs. Es ist angenehm frisch in Thailands Norden. Der Winter steht bevor. Ein Winter, der in Deutschland ein Jahrhundertsommer wäre: meist 25 bis 30 Grad am Tag, sonnig, trocken, abends und morgens schon mal unter 20 Grad kühl. Angenehm für mich. Für die Thais hingegen eine Zitterpartie, denn ihre Häuser und Wohnungen haben keine Heizung. Provinzen in dieser Region werden zu Katastrophenzonen erklärt, wenn das Thermometer unter 15 Grad fällt.
Als ich mit Barbara den Bahnhof verlasse, entdecken wir direkt gegenüber eine Polizeistation. Meine Freunde, meine Helfer! Das kann in Thailand eine naive Einschätzung sein, an diesem Morgen jedoch deckt sie sich mit der Realität. Die Polizisten helfen uns auf freundliche, pragmatische Art.
Die Verständigung hakt. Thai kann ich nicht. Englisch hatte ich zwar vier Jahre lang in der Schule, doch meine Lehrerin war nicht so der Renner. Drei Wörter sind übrig geblieben als leises Echo aus fernen Schultagen: breakfast, umbrella, elephants. Immerhin! Genug für eine Mahlzeit am Tag, einen Schutz gegen Regen, dazu der Hinweis, warum ich überhaupt hier bin.
Mir war schon klar, dass ich mit diesem knappen Bestand an Englisch nur schwer ans Ziel kommen würde. Daher habe ich noch vor dem Trip mein Repertoire erweitert und ein Sprüchlein auswendig gelernt: «I am Bodo from East Germany and I want to ride elephants.»
So stehen wir nun in der Tür der Polizeistation. Ich muss mich ducken, um mir nicht den Schädel zu stoßen, habe Barbara im Schlepptau, und wir sprechen beide in fremden Zungen. Die Thais reiben sich die Augen und die Ohren gleich mit. Sie verstehen, wie es scheint, nur Bahnhof. Dann aber spiele ich meine Trümpfe aus. Die Postkarte von Dan Albert Koehl. Die Chang-Briefmarke aus der Khao San Road.
Die Männer in Dunkelbraun wechseln Blicke. Verstehen. Rufen ein Songthaeo, das ist eine Art Sammeltaxi, ein umgebauter Pick-up mit zwei Sitzreihen auf der Ladefläche. Unsere Freunde und Helfer nennen dem Fahrer das Ziel, es ist ein Befehl: Young Elephant Training Center. 900 Baht für 60 Kilometer – schweineteuer, finde ich, das sind 60 Deutsche Mark. Immerhin muss ich nun nicht weiter mit der thailändischen Sprache in den Ring steigen. Für alle Fälle hatte ich in Bangkok noch einen Satz Thai gelernt, um die letzte Etappe notfalls auch ohne fremde Hilfe zurückzulegen: «Pom tong gran cha rod motorcy» – Ich möchte ein Motorrad mieten.
Gegen Mittag erreichen wir das Trainingszentrum in Pang Lah. Es ist heiß. Meine Seele, anders kann ich es nicht ausdrücken, schlägt sofort Wurzeln. Erstmals sehe ich live die Männer vom Bergvolk der Karen. Die Elefanten-Meister. Züchter und Mahuts, stolz auf ihr Können.
Klein, leichtgewichtig und behände sitzen sie ihren Tieren auf dem Kopf und geben ihnen mit den Füßen Kommandos hinter die Ohren. Als seien sie genau dort bereits zur Welt gekommen: in luftiger Höhe auf einem riesigen Schädel.
Im Camp in Pang