»Die Schuhe passen wie angegossen«, sagte Henrik. »Schau nur, Mutti, ich kann damit prima laufen.« Wie zur Bestätigung marschierte er um seine Mutter herum.
»Setz dich«, meinte Denise von Schoenecker. Ihre Miene war skeptisch. Sie beugte sich über ihren Sohn und drückte auf die Schuhspitzen.
»Mutti, sie passen wirklich«, maulte Henrik. »Ich bin doch kein kleines Baby mehr. Weißt du, wie viele Schuhe ich jetzt schon probiert habe? Fünf Paar!«
»Mir hat das erste Paar am besten gefallen«, gab Denise ungerührt zurück, »aber diese Schuhe wolltest du ja nicht.«
»Mutti, das waren doch Mädchenschuhe.« Empört blies Henrik die Backen auf. Mit seinen neun Jahren wußte er schon ganz genau, was er wollte. Er betrachtete die Sandalen, die er eben anprobiert hatte. Vorsichtshalber hatte er auch gleich beide Schuhe angezogen. Besonders gefielen sie ihm zwar nicht, aber er hatte die Nase voll vom Probieren.
»Das nächste Mal gehen wir in ein richtiges Schuhgeschäft«, verkündete er laut. »Hier gibt es nichts Rechtes.«
»Es tut mir leid«, meldete sich jetzt die junge Verkäuferin zu Wort, »im Moment sind wir ziemlich ausverkauft. Morgen oder übermorgen bekommen wir aber sicher eine neue Lieferung.«
Henrik bekam einen roten Kopf. So hatte er es nicht gemeint. Er haßte nur die Herumlatscherei in einem Kaufhaus, und bisher hatte er seiner Mutter von einer Abteilung in die andere folgen müssen. Nur in der Spielzeugabteilung waren sie noch nicht gewesen.
»Für mich genügen diese Schuhe völlig«, sagte er daher rasch. »Mutti, darf ich sie gleich anlassen?«
Denise, die nicht ganz davon überzeugt war, das Richtige zu kaufen, gab nach. Sie konnte verstehen, daß ihr Jüngster genug hatte. Bisher war er wirklich geduldig hinter ihr hergetrabt. Immer, wenn sie nach Maibach fuhr, hatte sie eine große Einkaufsliste bei sich.
Denise bezahlte die Sandalen. Zufrieden sah Henrik zu, als seine alten Schuhe eingepackt wurden. Das war also endlich geschafft.
»So, Mutti, wir können gehen.«
Strahlend nahm Henrik das Paket in Empfang.
»Natürlich, Henrik, ich bin fertig. Wir können gehen. Willst du gleich nach Sophienlust zurückfahren?«
»Aber Mutti!« Empört sah Henrik seine Mutter an. »Hast du es vergessen?«
Denise überlegte. Im ersten Moment wußte sie nicht, was ihr Sohn meinte.
Henrik zögerte nicht, sie aufzuklären.
»Mutti, du hast doch gesagt, ich darf Klaus ein Geburtstagsgeschenk aussuchen. Nur deswegen bin ich mitgefahren. Es ist nicht besonders lustig für mich, durch das Kaufhaus zu latschen. Ich war doch brav, Mutti?«
»Das warst du«, gab Denise lächelnd zu. Sie strich ihrem Jüngsten durch seinen stets etwas wilden Haarschopf. »Ich habe mich gefreut, daß du mich begleitet hast.«
»Wirklich, Mutti?« Henrik strahlte. So etwas konnte er nicht oft genug hören. Er mochte zwar seinen um sieben Jahre älteren Bruder, aber er war auch oft eifersüchtig auf Nick.
»Natürlich. Du hast mir doch beim Einkaufen geholfen.«
»Hm«, machte Henrik. Er fand, seine Mutter übertrieb. Plötzlich hob er den Kopf. »Jetzt, Mutti, werde ich dir helfen«, verkündete er. »Ich kann dich beraten. Den Geschmack von Klaus kenne ich.«
Henrik verriet nicht, daß er mit Klaus, der nur vorübergehend in Sophienlust lebte, bereits gesprochen hatte. So wußte er ganz genau, was dieser sich zu seinem Geburtstag wünschte. Klaus hatte ihm dafür drei Stücke von seinem Geburtstagskuchen versprochen.
»Gut, laß uns in die Spielzeugabteilung gehen. Ich werde mir deine Vorschläge anhören.«
»Das Warenhaus ist doch groß, Mutti?« fragte Henrik, während er neben seiner Mutter herging. »Es ist das größte von Maibach – oder?«
»Ja, das weißt du doch«, entgegnete Denise.
»Ich hab’ es mir gedacht.« Henrik war zufrieden. Ein großes Kaufhaus müßte auch das, was Klaus sich wünschte, haben.
In der Sp