: Marion Griffiths-Karger
: Tod im Harz Kriminalroman
: Emons Verlag
: 9783960415220
: 1
: CHF 8.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 240
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ein stimmungsvoller, eindringlicher Krimi vor magischer Landschaftskulisse. Antonia kehrt in ihre Heimat Goslar zurück, um das Erbe ihres Vaters anzutreten. Doch die Goslarer meiden sie - und der Grund dafür scheint in Antonias Vergangenheit zu liegen, an die sie keinerlei Erinnerung hat. Als die Leiche eines vermissten Mädchens im Wald gefunden wird, überschlagen sich die Ereignisse. Besteht eine Verbindung zwischen dem toten Kind und Antonias Vater? Mit Hilfe der Brunnenhexe Veronika begibt sich Antonia auf die Suche nach der Wahrheit und fördert ein düsteres Geheimnis ans Licht.

Marion Griffiths-Karger verbrachte ihre Kindheit auf einem ostwestfälischen Bauernhof. Nach Kaufmannslehre und Studium der Literatur- und Sprachwissenschaft wurde sie Werbetexterin, später Autorin und Teilzeitlehrerin. Die Deutsch-Britin ist Mutter von zwei erwachsenen Töchtern und lebt mit ihrem Mann bei Hannover.

ZWEI


Er hasste solche Termine. Glücklicherweise kam es nicht oft vor, dass er Eltern aufsuchen musste, die ein Kind verloren hatten. Genau genommen war das hier das erste Mal. Bisher hatte er es nur mit trauernden erwachsenen Töchtern oder Söhnen zu tun gehabt. Wobei von Trauer nicht in jedem Fall die Rede sein konnte. Bei manchen Hinterbliebenen hatte er den Eindruck von Erleichterung einfach nicht übersehen können. Wie auch immer, dieser Fall lag anders.

Ein Mann Ende dreißig öffnete ihm. Er trug einen Dreitagebart, seine hellen Augen blickten den Besucher desinteressiert an.

»Ja, bitte?«

Achim Gruber nannte seinen Namen und seinen Beruf: Kriminalhauptkommissar, was den Mann jäh aufhorchen ließ. »Haben Sie … wissen Sie …?«

»Nein, tut mir leid, ich habe keine Neuigkeiten«, sagte Gruber bedauernd.

Der Mann sackte zusammen. »Was wollen Sie dann hier? Ich hab Sie noch nie gesehen.«

»Man hat Ihnen doch sicher mitgeteilt, dass Hauptkommissar Weber pensioniert ist.«

»Ach ja.« Der Mann schwieg einen Moment. »Deshalb hat er sich so lange nicht blicken lassen.«

Der Mann drehte sich um und schlurfte den dunklen Flur entlang. Eine viel zu große Jogginghose bedeckte seine dünnen Beine. Sie betraten ein geräumiges Wohnzimmer. Am Esstisch saß eine Frau vor einem Laptop. Sie blickte den Eintretenden ängstlich entgegen und stand auf. Dunkles kurz geschnittenes Haar umrahmte ihr blasses Puppengesicht. Eine schöne Frau, dachte Gruber. Noch schöner als auf den Bildern, die er in der Inspektion gesehen hatte. Schön und zerbrechlich. Die Frau betrachtete ihn schweigend, als traue sie sich nicht, nach dem Grund seines Besuchs zu fragen.

»Ich bin der Nachfolger von Hauptkommissar Weber«, erklärte Gruber, »und ich würde mich gern mit Ihnen unterhalten, wenn es Ihnen recht ist.«

»Dann gibt es nichts Neues?« Die Stimme der Frau war erstaunlich fest.

»Leider nein.«

Sie nickte, als hätte sie nichts anderes erwartet, und setzte sich wieder. Der Mann hatte sich schwer auf das Ecksofa fallen lassen.

»Was gibt es denn dann noch zu sagen?«, fragte sie. Es klang resigniert und ein wenig unwillig.

Gruber räumte ein paar Kleidungsstücke beiseite und setzte sich.

»Ich verstehe, dass es für Sie schmerzhaft sein muss. Ich habe die Akte Ihrer Tochter sehr genau gelesen, möchte mir aber auch persönlich ein Bild von dem Fall machen.«

»Was soll denn das noch bringen?«, fragte der Mann. »Oder glauben Sie etwa, dass sie noch lebt?«

»Ich will Ihnen nichts vormachen, das ist unwahrscheinlich, aber ich nehme an, Sie wollen doch wissen, was passiert ist?«

»Das ist das Schlimmste«, sagte die Frau leise. »Die Ungewissheit. Das haben wir auch Kommissar Weber immer wieder gesagt, und er hat sich ja bemüht … aber –«

»Kommissar Weber hat bestimmt alles Nötige unternommen, da besteht kein Zweifel«, unterbrach sie Gruber. Er musste den Leuten ja nicht erzählen, dass sein Vorgänger nicht immer besonders sorgfältig ermittelt hatte. »Vielleicht erzählen Sie mir noch mal genau, was damals passiert ist.«

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