2. KAPITEL
Bella war dankbar für die Babysitterin, die ihrem Bruder am Samstagnachmittag auf der Short-Hills-Ranch zur Hand ging. Lindsay Dalton gehörte zu dem Netzwerk von Kinderfrauen, die sich gegenseitig unterstützten. Lindsay kümmerte sich um Jared, während Jamie und Bella die anderen beiden Kinder versorgten. Jamie hatte Katie ins Kinderzimmer gebracht. Bella saß mit Henry auf dem Schoß am Kamin, und Lindsay sprach beruhigend auf Jared ein.
Die brünette Frau war ausgesprochen attraktiv, und Bella war klar, warum Walker, Hudsons Bruder, auf sie stand. „Wie läuft’s denn in der Kinderkrippe?“, wollte Lindsay jetzt von Bella wissen.
„Ganz gut.“ Bella wiegte Henry im Arm. „Jedenfalls soweit. Eine Mutter hat uns damit gedroht, ihr Kind sofort in eine andere Einrichtung zu stecken, sobald eines der anderen Kinder auch nur zu schniefen beginnt.“
„Um diese Jahreszeit ist das doch gar nicht zu vermeiden?!“ Verständnislos schüttelte Lindsay den Kopf.
„Hudson hat den Eltern eingeschärft, ihre Kinder zu Hause zu lassen, sobald sich eine Erkältung bei ihnen ankündigt. Das ist für viele Eltern zwar nicht ganz einfach, aber anders können wir eine weitere Grippewelle eben nicht verhindern.“ Nach einer Weile fragte sie: „Und wie geht es dir und Walker?“
Lindsay strahlte. „Wunderbar. Er ist aber auch ein toller Typ. Und du? Wie kommst du mit Hudson zurecht?“, wollte sie dann wissen.
„Auch gut“, antwortete Bella leichthin.
Irgendetwas an ihrem Tonfall musste Lindsays Aufmerksamkeit erregt haben, denn sie hakte nach: „Wiegut?“
Bella spürte, dass sie errötete.
„Du weißt, dass Hudson den Ruf eines Schürzenjägers hat?“, fragte Lindsay.
„Sein Ruf spielt keine Rolle“, antwortete Bella. „Er ist nun mal mein Boss.“ Dennoch musste sie sofort daran denken, wie sie nebeneinander gesessen und die Spareribs gegessen hatten. Er war ihr so nahe gerückt, dass sie die Hitze seines Körpers hatte spüren können.
„Es macht dir nichts aus, dass er dir vor die Nase gesetzt wurde?“
„Na ja, froh war ich nicht gerade darüber“, gab Bella zu. „Aber ich nehme es nicht mehr so übel wie zu Beginn. Hudson und Walker müssen nun mal dafür Sorge tragen, dass in der Kita alles reibungslos läuft. Anfangs fand ich es natürlich nicht toll, so eine Art Überwacher zu haben …“
„Hast du bei Hudson dieses Gefühl?“
„Nein, nicht wirklich. Er lässt die Zügel ziemlich locker – es sei denn, es wird ernst.“ Und nach kurzem Überlegen fügte sie hinzu: „Ich wünschte, Walker würde Hudson mal sagen, dass er gute Arbeit leistet. Schließlich kümmert sich Hudson um die ganze Öffentlichkeitsarbeit, und er hat es geschafft, dass die meisten Eltern und auch die meisten Erzieherinnen bei uns geblieben sind. Ich habe das Gefühl, Walker weiß diese Leistung gar nicht recht zu schätzen.“
„So sind Brüder nun mal“, erwiderte Lindsay. „Ich glaube, das Verhältnis der beiden ist auch nicht so ohne. Da sollte man sich besser raushalten.“
„Wahrscheinlich hast du recht. Ich möchte schließlich auch nicht, dass sich jemand in meine Angelegenheiten mischt, was mich und Jamie angeht.“
Nachdem sie die Babys ins Bett gebracht hatten, räumten Bella und Lindsay das Wohnzimmer und die Küche auf. Jamie saß noch bei Katie im Kinderzimmer, denn das Mädchen weinte leise vor sich hin, da sie ihren ersten Zahn bekam. Nachdem Lindsay sich verabschiedet hatte, gesellte Bella sich zu Jamie, der ziemlich erschöpft aussah. In der Nacht zuvor hatte er kaum ein Auge zugetan.
„Ich hoffe, es ist wirklich nur der Zahn und nichts anderes.“ Jamie gähnte. „Sie fühlt sich nicht heiß an. Fieber hat sie also nicht.“
Bella legte einen Finger auf ihre Stirn und in den Nacken. „Stimmt. Keine Temperatur.“
Jamie lächelte sie an. „Wenn ich dich nicht hätte! Habe ich dir schon gesagt, wie dankbar ich für deine Hilfe bin?“
„Ungefähr tausend Mal.“
Jamie schüttelte den Kopf. „Manchmal frage ich mich, warum du das alles für uns tust …“
„Ich bin deine Schwester.“
„Schon, aber …“
„Pst“, machte Bella. „Ich glaube, Katie ist eingeschlafen.“
Vorsichtig erhob Jamie sich aus dem Sessel und legte Katie in ihr Bettchen. Nachdem die Geschwister das schlafende Baby eine Minute lang betrachtet hatten, gingen sie zurück ins Wohnzimmer. „Ich wünschte, ich hätte dir auch so eine Hilfe sein können, als du schwanger warst“, sagte Jamie. „Und als du das Kind dann verloren hattest – ich wusste damals einfach nicht, wie ich dir hätte helfen sollen.“
„Jamie!“, wehrte Bella ab. Sie wollte nicht in der Vergangenheit wühlen und schmerzhafte Gefühle wecken. Von ihrer Fehlgeburt hatte sie niemandem erzählt. Sogar ihren Großeltern hatte sie es zunächst verheimlicht. Was jedoch nicht besonders schwer gewesen war, da sie sich ohnehin nie sonderlich für ihre Enkel interessiert hatten. Schlimmer war, dass die Ärzte ihr eröffnet hatten, sie würde vermutlich keine Kinder mehr bekommen können.
„Manchmal habe ich das Gefühl, du trauerst deinem Baby immer noch nach, wenn du die Drillinge so anschaust …“
„Das stimmt nicht. Im Gegenteil – Katie, Henry und Jared machen mich glücklich.“
„Aber es ist doch etwas anderes, eigene Kinder zu haben“, ließ Jamie nicht locker.
„Ich bin den ganzen Tag mit Kindern zusammen“, erwiderte sie. „Ich glaube, die Arbeit im Hort hat mir sehr geholfen. Die Kinder machen mich glücklich. Genauso wie deine Drillinge …“
Unvermittelt schloss Jamie seine Schwester in die Arme, und sie schmiegte sich an ihn. Bella war so dankbar, dass sie ihren Bruder hatte. Natürlich wünschte sie sich mehr – einen Mann, den sie lieben konnte, ein Leben außerhalb der Kinderkrippe und über ihren Beruf hinaus und jenseits von Jamies Kindern. Sie dachte dabei an Hudson. Vom ersten Moment an hatte sie sich zu