4
DER SCHMERZ
Maria Steinhauer zitterte, klagte, sie schrie aus Leibeskräften, dass es so wehtue und man ihr doch helfen solle. Das arbeitsame stille Mädchen, gerade sechzehn geworden, stand in der Stube, hielt die Arme von sich gestreckt und flehte um Hilfe. Sonst, wenn jemand in der Hausgemeinschaft einen Unfall hatte, ob Schnittwunde, Prellung oder Knochenbruch, holte die Bäuerin das Verbandszeug unter dem Herrgottswinkel hervor, manchmal auch Jodtinktur und Kamphergeist. Dann standen alle um den oder die Verunglückte herum, gaben ihre Meinung ab oder schwiegen, bis Antonia die Behandlung beendet hatte. Ein Schmerz wie dieser aber, dessen Ursache unsichtbar war, versetzte die Gemeinschaft in Ratlosigkeit. Hilflos betrachteten sie die schreiende Maria, ohne ihr beistehen zu können.
»Wo tut es weh?«, fragte Antonia.
Wimmernd zeigte die Tochter auf alle möglichen Stellen ihres Körpers. In schweren Tropfen stand der Schweiß auf ihrer Stirn, strähnig hing das Haar herab, Schweiß färbte ihr Mieder gelblich. »Alles ist Feuer, alles brennt!«, schrie das Mädchen.
Antonia schob die Knechte beiseite, die auf der Kunst des Kachelofens saßen, jenem erwärmten Vorbau aus Speckstein, auf dem man in besonders kalten Nächten die Kinder schlafen ließ. Schwerfällig kamen die Knechte hoch und sahen zu, wie die Bäuerin ihre Tochter auf die Kunst bettete.
»Da brennt es ja noch mehr!«, schrie das Mädchen und wollte wieder aufstehen.
Antonia deckte sie mit einem Mantel zu. »Wärme tut gut. Wärme ist richtig, wenn die Krämpfe da sind.«
»Es sind nicht die Krämpfe. Es ist nicht die Sache mit dem Blut«, flüsterte Maria. »Das war schon. Seit einer Woche ist es vorbei.«
»Nicht die Krämpfe?« Antonia legte der Tochter die Hand auf die Stirn. »Fieber hast du nicht. Woher dann der Schweiß?«
»Ich weiß nicht, Mutter.« Maria wollte weitersprechen, doch der Schmerz biss wieder zu, sie schrie erbarmungsvoll und bäumte sich so unvermittelt auf, dass die Mutter erschrocken zurückfuhr.
»Du musst mir sagen, wo der Schmerz sitzt«, beschwor Antonia ihr Kind.
»Im Rücken, im Bauch, es ist oben und ganz unten. Überall!« Maria wand sich, warf sich hin und her.
»Wir müssen ins Kloster schicken«, murmelte Antonia. »Wir müssen Pater Berengar holen. Er wird wissen, was zu tun ist.«
»Sie leidet imcolon.« Eine ruhige Stimme, eine sanfte Stimme, die sich nicht aufdrängen wollte.
Antonia, auch die Knechte und Mägde wandten den Blick zu dem jungen Holzknecht, der in der Tür stand. Eiszapfen hingen in seinem Haar, er kam von draußen.
»Ich habe so etwas schon gesehen«, fuhr Gabriel fort. »Man nennt escolica, es ist ein Leiden des inneren Leibes.«
»Wo hast d