: Ian Rolf Hill
: John Sinclair 2132 Lykaons Söhne
: Verlagsgruppe Lübbe GmbH& Co. KG
: 9783732580552
: 1
: CHF 1.60
:
: Horror
: German
: 64
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

Arnie Shamrock grunzte genervt, als ihn das anhaltende Schrillen der Türklingel, das aus dem Erdgeschoss drang, aus seiner frühmorgendlichen Entspannung riss. Er griff nach der Fernbedienung und schaltete den Fernseher aus. Das verängstigte Wimmern des Mädchens, das bis eben noch den fensterlosen Raum erfüllt hatte, verstummte abrupt. Shamrock wälzte sich von der abgewetzten Couch und erhob sich schnaufend.
Zur Hölle, dachte er. Wer auch immer der Idiot sein mochte, der zu dieser frühen Morgenstunde ein derartiges Theater veranstaltete, er konnte sich auf etwas gefasst machen.
In Pantoffeln stapfte Shamrock die gewundene Kellertreppe hinauf.
Durch die Lücken zwischen den vor die Fenster gezogenen Gardinen sickerte grelles Sonnenlicht und verriet ihm, dass es später war, als er angenommen hatte.
Trotzdem kein Grund, solch einen Terror zu veranstalten ...

Arnie zerrte die Tür auf und musste blinzeln, weil er durch die Strahlen der Sonne geblendet wurde. Daher sah er die Umrisse des Besuchers nur schemenhaft.

»Was fällt …?«

Der Rest des Satzes blieb Arnie im Halse stecken, denn jetzt erkannte er, dass sein ungebetener Gast weiblich war. Bildhübsch und verdammt jung. So, wie er sie mochte. Augenblicklich ergriff Erregung von ihm Besitz. Vor allem, als er merkte, dass die blutjunge Frau mit dem lockigen blonden Haar, das wellig auf die Schultern fiel, nicht allein war.

Sie hielt ein ungefähr achtjähriges Mädchen in einem hellblauen Kleid an der Hand. Es hatte den Kopf gesenkt, sodass er nur den dunkelblonden Schopf sehen konnte, der zu dicken Zöpfen geflochten war. So jung, so zart, so unschuldig.

Das leise Weinen des Mädchens war Musik in seinen Ohren.

»Bitte Mister«, sagte die Ältere, vermutlich die Schwester der Kleinen. »Wir … wir haben uns verlaufen. Wir wollten mit dem Bus zu Oma und Opa … aber wir haben die Haltstelle verpasst. Und dann haben wir unser Geld verloren, und das Handy ist leer. Der Akku, meine ich.« Ihre Stimme zitterte, als stünde sie kurz davor, in Tränen auszubrechen.

Ach, wenn sie es doch täte. Er mochte es, wenn sie weinten und dabei diese abgehackten Schluchzer ausstießen. Das Gör war vielleicht fünfzehn oder sechzehn, auf alle Fälle noch minderjährig. Er warf einen Blick über die Köpfe der beiden Mädchen hinweg, doch die Straße lag wie ausgestorben da. Sehr gut. Vermutlich hatten sie schon an anderen Häusern geklingelt, dort aber keinen Erfolg gehabt. Natürlich nicht, schließlich waren seine Nachbarn bei der Arbeit, brachten ihre Kinder zur Schule oder taten weiß der Teufel was.

Womit auch immer diese Schafe eben ihre Zeit vergeudeten.

»Na, na, na, kein Grund zur Panik.« Er lächelte freundlich und bemerkte zufrieden, wie sich das blonde Luder entspannte und ihre kleine Schwester aufhörte, zu heulen. Er hatte schließlich lange genug üben müssen, um dieses Lächeln zu perfektionieren.

»Kommt erst mal rein.« Er trat von der offenen Tür zurück und gab den Weg frei.

»Danke, Mister«, flüsterte das Blondchen und schob ihre Schwester ins Haus. »Nun geh schon!«, sagte sie sanft. Bevor Arnie die Tür ins Schloss drückte, warf er einen letzten Blick auf das gegenüberliegende Haus. Dort rührte sich nichts, aber das hatte er auch nicht erwartet.

Die S