: Juan Carlos Onetti
: Svenja Becker, Jürgen Dormagen
: Die so gefürchtete Hölle Fünf Geschichten
: Suhrkamp
: 9783518762929
: 1
: CHF 14.00
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 176
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

Ein Mann erhält von seiner geschiedenen Frau kommentarlos obszöne Fotos zugeschickt, die sie beim Verkehr mit fremden Männern zeigen. Ihre Rache? Ihr Versuch, ihn zurückzugewinnen? Onetti erschafft daraus eine der eigentümlichsten und radikalsten Liebesgeschichten, die je geschrieben wurden.

Ein abgehalfterter Ringer stellt sich einem aussichtslos erscheinenden Kampf, gegen den Willen seines menschenfreundlichen Impresarios. Aber wer kämpft da am Ende mit wem?

Ein unwahrscheinliches Paar erscheint in Santa María, und mit seinem rätselhaft amoralischen Wesen schockiert und bezaubert es die Stadt gleichermaßen. Bis ein grandioser Schlussakkord alles ein weiteres Mal wendet.

Dieser Band versammelt fünf Geschichten von Onetti, einem Meister der erzählerischen Genauigkeit und Ambivalenz.



<p>Juan Carlos Onetti (*1909 in Montevideo, Uruguay,†1994 in Madrid, Spanien) ist vielfach und zu Recht als einer der bedeutendsten lateinamerikanischen Schriftsteller bezeichnet worden. 1932 erschien im Rahmen eines Literaturwettbewerbs eine Erzählung von ihm in der argentinischen Tageszeitung<em>La Prensa.</em> Sein erster Roman,<em>El Pozo</em> (dt.<em>Der Schacht,</em> 1989), folgte 1939 in einer Auflage von 500 Exemplaren. Er veröffentlichte insgesamt elf Romane und zahlreiche Erzählungen sowie zwei Sammlungen von Artikeln, von denen die Mehrzahl ins Deutscheübersetzt wurde.</p><p>Bis 1975 lebte er abwechselnd in Buenos Aires und Montevideo, arbeitete unter anderem für die Nachrichtenagentur Reuters, war lange Jahre als Direktor der städtischen Bibliotheken in Montevideo tätig und publizierte regelmäßig in verschiedenen uruguayischen Zeitschriften. Erst mit dem Roman<em> La vida breve</em>(1950, dt.<em>Das kurze Leben,</em>1978) erlangte er einen gewissen Bekanntheitsgrad, blieb aber noch viele Jahre lang eine Art»Geheimtipp« und erst in relativ hohem Alter wurden ihm Ruhm und Achtung zuteil. In<em>La vida breve</em> erschuf er den fiktiven Kosmos um die Stadt Santa María, der in vielen weiteren Romanen und Erzählungen auftauchen sollte.</p><p>W&a ml;hrend der Diktatur, die seit 1973 in Uruguay herrschte, wurde Onetti einige Monate lang in Haft gehalten. 1975 ging er mit seiner vierten Frau, der Geigerin Dorothea Muhr, ins Exil nach Madrid, wo er bis zu seinem Tod blieb und die Romane<em>Dejemos hablar al viento</em> (dt.<em>Lassen wir den Wind sprechen,</em> 1986),<em> Cuando entonces</em>(dt.<em gt;Magda,</em> 1989) und<em>Cuando ya no importe</em>(dt.<em& t; Wenn es nicht mehr wichtig ist,</em> 1996) veröffentlichte.</p&g ;<p>Der uruguayische Nationalpreis für Literatur wurde ihm gleich zweimal verliehen: 1962 und nach der Rückkehr der Demokratie noch einmal 1985. Außerdem erhielt er 1980 den wichtigsten Literaturpreis der spanischsprachigen Welt: den Cervantes-Preis.</p>< p>1994 erschien die erste Ausgabe der<em>Cuentos completos</em>(dt.<e >Willkommen, Bob.</em> Gesammelte Erzählungen, 1999) in Buenos Aires. Am 30. Mai desselben Jahres starb Juan Carlos Onetti 84-jährig in Madrid.</p><p>Fas alle großen Autoren Lateinamerikas erkennen Onettis Einfluss auf ihr eigenes Werk an, und von vielen wird er für den ...

Esbjerg, an der Küste


Wenigstens ist es am Nachmittag etwas weniger kalt, und bisweilen bescheint die Sonne wässrig die Straßen und Wände; denn um diese Zeit müssen sie im Neuen Hafen umhergehen, bei dem Schiff oder, um sich die Zeit zu vertreiben, von einer Mole zur anderen, vom Kiosk der Hafenbehörde zum Kiosk mit den Sandwiches. Kirsten, beleibt, ohne Absätze, einen zerdrückten Hut auf dem gelben Haar; und er, Montes, klein, verdrossen und unruhig, das Gesicht der Frau beobachtend, die Namen der Schiffe lernend, ohne es zu merken, zerstreut den Operationen mit den Tauen folgend.

Ich stelle ihn mir vor, wie er mit den Zähnen über den Schnurrbart fährt und seine Lust erwägt, den bäurischen Körper der Frau, dick geworden in der Stadt und der Muße, anzustoßen, so dass er in den Streifen Wasser zwischen dem feuchten Stein und dem schwarzen Eisen der Schiffe fällt, wo es rauschend brodelt und nicht genügend Raum ist, um sich schwimmend über Wasser zu halten. Ich weiß, dass sie dort sind, weil Kirsten heute mittag kam, um Montes vom Büro abzuholen, und ich sie gesehen habe, wie sie in Richtung Retiro gingen, und weil sie mit ihrem Regengesicht kam; ein Gesicht von Statuen im Winter, das Gesicht von jemandem, der eingeschlafen ist und die Augen nicht geschlossen hat im Regen. Kirsten ist dick, sommersprossig, starr; vielleicht riecht sie schon nach Schiffsbauch, nach Fischernetz; vielleicht bekommt sie den unbeweglichen Geruch nach Stall und Sahne, den es, so stelle ich mir vor, in ihrem Land geben muss.

Aber manchmal müssen sie um Mitternacht oder im Morgengrauen zur Mole gehen, und ich denke, wenn die Nebelhörner der Schiffe Montes gestatten zu hören, wie sie in ihren Männerschuhen auf den Steinen voranschlurft, muss der arme Teufel sich vorkommen, als würde er am Arm des Unheils in die Nacht vordringen. Hier in der Zeitung stehen die Ausfahrten der Schiffe in diesem Monat angekündigt, und ich würde schwören, dass ich Montes sehen kann, wie er es erträgt, bewegungslos dazustehen von dem Augenblick an, wo das Schiff das Horn