2. Kapitel
Nachdem sie noch eine Weile über Belanglosigkeiten geredet hatten, warf Sir George einen Blick auf seine Uhr und erhob sich. Zwei Minuten darauf verabschiedete er sich in aller Kürze an der Haustür, ohne noch einen Blick auf das anstößige Firmenschild zu werfen oder gar ein Wort darüber zu verlieren. Als Cordelia die Treppe hinaufstieg, überlegte sie, ob sie das Gespräch nicht hätte besser führen können. Sie bedauerte, dass es so abrupt geendet hatte. Sie hätte gern noch Fragen gestellt, insbesondere darüber, ob einer der Anwesenden auf Courcy von den Drohbriefen wusste. Nun musste sie sich gedulden, bis sie mit Clarissa Lisle zusammentraf.
Als sie die Bürotür öffnete, blickten Miss Maudsley und Bevis sie forschend über die Schreibmaschinen an. Es wäre gemein gewesen, die beiden nicht einzuweihen. Sie hatten ja gemerkt, dass Sir George keineswegs zu den üblichen Klienten gehörte. Beide schienen vor Neugier wie gelähmt zu sein. Während des Gesprächs war das sonstige Schreibmaschinengeklapper im Vorzimmer ausgeblieben. Cordelia teilte den beiden nur so viel mit, wie ihr angemessen schien, und beschränkte sich darauf, dass Clarissa Lisle eine Art Privatsekretärin benötige, die sie vor dem Ärger durch lästige, aber belanglose anonyme Briefe schützen solle. Sie sagte weder etwas über die Art der Drohbriefe noch erwähnte sie die Überzeugung der Schauspielerin, ihr Leben sei ernsthaft gefährdet. Zum Schluss schärfte sie beiden ein, diesen Auftrag so vertraulich wie jeden anderen zu behandeln.
»Das ist doch selbstverständlich, Miss Gray!«, versicherte Miss Maudsley. »Das leuchtet sicherlich auch Bevis ein.«
Woraufhin dieser leidenschaftlich beteuerte, dass Cordelia mit seiner Verschwiegenheit rechnen könne.
»Ich bin viel verlässlicher, als ich aussehe. Ehrlich, ich erzähle nie was, jedenfalls nichts über die Arbeit. Nur wenn man versuchen würde, irgendwelche Informationen aus mir herauszuprügeln. Schmerzen kann ich nicht ertragen.«
»Niemand wird versuchen, etwas aus dir herauszuprügeln, Bevis«, beruhigte ihn Cordelia.
Danach beschlossen sie einmütig, eine vorgezogene Lunch-Pause einzulegen. Bevis holte Sandwiches aus einem Feinkostgeschäft in der Carnaby Street, während Miss Maudsley Kaffee aufsetzte. Als sie gemütlich im Vorzimmer saßen, überlegten sie aufgeregt, wie denn dieser neue, höchst interessante Auftrag ausgehen könne. Die Stunde war keineswegs vertrödelt. Denn Miss Maudsley und Bevis lieferten Cordelia unerwarteterweise lauter wertvolle Informationen über Courcy und seinen Besitzer, wobei sie sich in ihrer Mitteilsamkeit geradezu versuchten gegenseitig zu überbieten. Es war übrigens nicht das erste Mal, dass Cordelia diese Erfahrung machte. Mit alltäglichen Fähigkeiten war es bei beiden zwar nicht weit her, aber dafür erwiesen sie sich nicht selten als überaus nützlich, wenn es um informative Klatschgeschichten ging.
»Das Schloss wird Ihnen gefallen, Miss Gray«, sagte Miss Maudsley, »falls Sie für viktorianische Gebäude etwas übrighaben. Mein Bruder hat einen Monat vor seinem Tod einen Sommerausflug mit dem Mütterverein dorthin gemacht. Ich bin zwar kein Mitglied und dürfte eigentlich nicht dabei sein. Aber manchmal durfte ich an solchen Fahrten teilnehmen. Und dieser Ausflug war hochinteressant. Mir haben vor allem die Gemälde und das Porzellan gefallen. Es gibt da ein entzückendes Schlafzimmer, in dem viktorianische Kunst und Kunsthandwerk zu sehen sind, wie in einem Museum – Fliesen von De Morgan, Zeichnungen von Ruskin, Möbel von Mackmurdo. Es war außerdem kein billiger Ausflug, wenn ich mich recht erinnere. Mr. Gorringe, der Besitzer, lässt in der Saison nur einmal in der Woche Gruppen