: Friedrich Krotz
: Neue Theorien entwickeln Eine Einführung in die heuristische empirische Kommunikationsforschung mit Bezug auf Ethnographie und Grounded Theory
: Herbert von Halem Verlag
: 9783869624549
: 2
: CHF 24.80
:
: Kommunikationswissenschaft
: German
: 320
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Wir leben in einer Welt, die sich immer schneller verändert; Globalisierung, Individualisierung, Ökonomisierung oder Mediatisierung sind Stichworte, unter denen dies diskutiert wird. Wie alle Sozialwissenschaften steht deshalb auch die empirische Kommunikationswissenschaft vor immer neuen Forschungsfragen und Forschungsfeldern. Viel stärker als bisher muss Forschung deshalb in Zukunft darauf angelegt sein, neue Bereiche konzeptionell und theoretisch zu erfassen. Dies aber nicht durch blinde Empirie, die sich in der Suche nach Verknüpfungen von immer neuen Variablen erschöpft. Und auch nicht durch reine Denkoperationen, wie alles auch sein könnte. Vielmehr müssen neue Theorien auf empirischer Grundlage entstehen. Dies leistet die heuristische Kommunikationsforschung, mit der sich der Band beschäftigen will. Sie greift unter anderem auf die Ethnographie als Forschungsstrategie zurück - insofern Kommunikation und Kultur eng zusammenhängen, hat Ethnographie in der Kommunikationsforschung bereits eine lange Geschichte. Und wie man konkrete Forschungsfragen durch die nachvollziehbare Konstruktion von empirisch gestützter Theorie beantwortet, zeigt die grounded theory nach Glaser und Strauss. In dem Text wird in diese Methoden sowohl konzeptionell als auch praktisch eingeführt.

Friedrich Krotz, Jg. 1950 (geb. in Barcelona) ist Diplommathematiker und Diplomsoziologe. Er hat in Soziologie promoviert und in Kommunikationswissenschaft/Jo rnalistik habilitiert. Zu den Stationen seiner Entwicklung als Forscher und wissenschaftlicher Lehrer zählen Saarbrücken, Hamburg und Berlin sowie Potsdam, Jena, Dresden und Zürich. Unter anderem war er 10 Jahre wissenschaftlicher Referent am Hans-Bredow-Institut für Medienforschung. Zur Zeit hat er eine Professur für Kommunikationssoziologie und Kommunikationspsychologie an der Universität Münster inne. Zu seinen Forschungsgebieten zählen insbesondere Kultursoziologie, Theorien der Kommunikationswissenschaft, Computervermittelte Komunikation, qualitative Kommunikationsforschung und interkulturelle Kommunikation. Er ist zur Zeit unter anderem Sprecher der Sektion 'Psychology and public opinion' der International Association of Medciated Communication Research.

EINFÜHRUNG:
VON DEN FORSCHUNGSVERFAHREN DER SOZIALWISSENSCHAFTEN UND VOM ZIEL DIESES BUCHES


Wir leben in einer Welt, die sich immer schneller verändert. Globalisierung, Individualisierung, Ökonomisierung und Mediatisierung sind einige der vielen Stichworte, unter denen diese Veränderungen untersucht und diskutiert werden. Parallel zum sozialen und kulturellen Wandel verändern sich die Gegenstandsbereiche der einzelnen Sozialwissenschaften, die vor immer neue Fragen gestellt werden, während gleichzeitig die Ansprüche an die unmittelbare Verwendbarkeit wissenschaftlicher Erkenntnisse größer werden. Besonders deutlich ist dies etwa in der Kommunikationswissenschaft, die sich verstärkt mit digitalen Medien und mobilem Telefonieren, mit Computerspielen und Roboterkommunikation beschäftigen sollte, während gleichzeitig ihr klassisches Thema, das Feld öffentlicher Kommunikation als Basis von Demokratie, ebenfalls immer mehr Aufmerksamkeit verlangt. Aber auch in den anderen Sozialwissenschaften tun sich immer neue Forschungsbereiche auf, die theoretisch und empirisch bearbeitet werden müssen – von der Ethnologie bis zur Politikwissenschaft, von der Psychologie bis zur Soziologie. Sie benötigen neue und gute Theorien, um diese sich ändernde Welt zu beschreiben, zu erklären, zu verstehen und um sie handhabbar zu machen.

Die Frage, wie man1 sozialwissenschaftliche Theorien sinnvoll entwickelt und, allgemeiner, wie Theorien im Prozess der Wissenschaft entstehen, rückt damit immer mehr in den Vordergrund. Das bedeutet natürlich keineswegs, dass die bereits vorhandenen Theorien und Untersuchungen der sozialwissenschaftlichen Disziplinen obsolet und unbrauchbar werden – zum Teil müssten sie heute allerdings neu bedacht werden. Aber wichtiger noch: Wie entstehen neue gültige und brauchbare Theorien, deren Produktion ja zum Kern wissenschaftlichen Arbeitens gehört? Unabhängig von der Frage, ob sie richtig, wahr oder gültig sind und auch wofür sie gut sind – sie entstehen jedenfalls in der Sozialwissenschaft auf ganz unterschiedliche Weise: Sie können intuitiv erfunden werden, sie können einem großen Geist quasi von selbst zufliegen. Man kann versuchen, sie sich systematisch auszudenken. Man kann sie auch auf der Basis bereits vorhandener Einsichten entwickeln. Theorien können ferner wie bei Max Weber oder Niklas Luhmann das Ergebnis langjähriger empirischer und/oder theoriegeleiteter Auseinandersetzung mit spezifischen sozialen oder kulturellen Fragestellungen sein.Man kann Theorien aber auch systematisch entwickeln, indem man dafür gezielt Daten erhebt und sie im Hinblick auf die Konstitution von Theorie auswertet. Das ist das, worum es in dem vorliegenden Buch geht.

Im Hinblick auf ihre Alltagsprobleme wissen die Menschen eigentlich ziemlich gut, wie man das macht. Wem sich im ›normalen Leben‹ ein Problem in den Weg stellt, der denkt sich meist nicht irgendeine Lösung aus und probiert dann, ob es klappt – das wäre ein Testen von Hypothesen, das schnell im Desaster enden kann. Vielmehr wird man stattdessen versuchen, eine Lösung zu entwickeln, die mit hoher Wahrscheinlichkeit hilfreich ist. Man überlegt zum Beispiel, ob man vielleicht eine der eigenen Erfahrungen, die man auf einem anderen, ähnlichen Praxisfeld gemacht hat, zu Rate ziehen kann, um das Problem zu lösen. Und man befragt andere, von denen man vermutet, dass sie über den fraglichen Sachve