»Es ist schön, dich wiederzusehen, Astrid«, sagte Denise von Schoenecker herzlich, als die Besucherin ins Biedermeierzimmer geführt wurde. »Wir haben uns unendlich lange nicht mehr gesehen.«
»Jeder lebt sein eigenes Leben, Isi«, antwortete Astrid nachdenklich. »In den letzten Jahren habe ich dich um dein reiches, erfülltes Dasein manchmal beneidet. Seit Eberhards Tod war ich oft schrecklich einsam.«
»Ja, das ist schlimm für dich gewesen. Ich habe deine Tapferkeit immer bewundert, Astrid.«*
Das Gesicht der Besucherin, die sich in Sophienlust angemeldet hatte, ohne mitzuteilen, warum sie kommen wolle, wurde ernst. »Ich habe lange gebraucht, bis ich mich damit abfinden konnte, Isi«, gestand sie. »Die Krankheit kam so plötzlich. Anfangs dachte niemand, dass sie gefährlich sein könnte. Aber es ist ja nun schon mehrere Jahre her …«
»Ja, Astrid. Es ist unsere Aufgabe, mit dem Schicksal fertig zu werden, so schwer es auch sein mag.«
Astrid Lohr lächelte versonnen. »Es ist glücklicherweise nicht immer schwer, Isi. Glaubst du, dass Eberhard mich verstehen würde, wenn ich mich noch einmal für einen anderen Mann entscheiden würde?«
Denise von Schoenecker ergriff spontan die Hand der Freundin. »Selbstverständlich, Astrid. Schau, auch ich habe zum zweiten Mal geheiratet und bin sehr, sehr glücklich geworden.«
»Ich wollte mit dir darüber sprechen«, gestand Astrid. »Bei dir weiß ich, dass du dich in meine Lage hineinversetzen kannst.«
»Du bist viel zu jung, um allein zu bleiben«, versicherte Denise warm. »Erzähle mir. Wer ist es?«
»Ein Arzt. Dr. Matthias Söring.« Astrids Augen leuchteten auf. »Wir haben uns durch Zufall kennengelernt, aber es war, als sei sofort ein Funke übergesprungen. Mat ist verwitwet wie ich. Es sollte so sein, könnte man meinen.«
»Wie kannst du da überhaupt noch zögern?«, wunderte sich die schöne Herrin von Sophienlust. »Ist der Altersunterschied zu groß, oder gibt es sonst ein Problem?«
»Ja, Isi, es gibt etwas, was mir Sorgen macht«, erwiderte Astrid mit einem Seufzer. »Mat hat eine kleine Tochter. Sie ist jetzt elf, aber ihren Jahren weit voraus. Ein süßes Mädchen, das seit dem Tod der Mutter für den Vater zur Kameradin und Vertrauten geworden ist.«
Denise nickte. »So etwas gibt es bei Kindern. Wie heißt sie denn?«
»Nicole. Leider ist das auch der Name des Problems.«
»Ist die kleine Tochter eifersüchtig?«, fragte Denise ahnungsvoll.
»Sie lehnt mich vollständig ab. Bevor sie wusste, was zwischen Mat und mir war, haben wir uns recht gut verstanden. Ich dachte, Nicole würde sich freuen, wenn sie erfahren würde, dass wir heiraten wollen. Aber das Gegenteil war der Fall. Die Reaktion des Kindes war erschreckend. Leidenschaftlich lehnte sich Nicole dagegen auf, dass ihr Vater eine fremde Frau ins Haus bringe. Für mich ist es quälend, dass ich mit einem Schlag zwischen Vater und Kind stehe. Hast du vor deiner zweiten Ehe auch solche Probleme gehabt?«
Denise schüttelte den Kopf. »Nein, glücklicherweise habe ich mich mit Alexanders Kindern sofort gut verstehen können. Sie waren ja schon etwas älter und ziemlich vernünftig. Inzwischen studiert Sascha, und Andrea erwartet ihr erstes Baby. Man sollte es kaum für möglich halten.«
»Und Nick? Wie stellte er sich zu dem neuen Vater?«
»Er hatte seinen leiblichen Vater ja nie gekannt. Für ihn war es ein Segen, dass Alexander kam. Nick brauchte eine männlich