1. KAPITEL
„Haben Sie einen Termin?“
Einen Termin? Mit meinem eigenen Ehemann? Skye verstärkte den Griff um ihre Handtasche und dachte an die Scheidungspapiere, die das weiche Leder barg. Obwohl die luxuriöse Eingangshalle klimatisiert war, brach ihr der Schweiß aus. Seit sie am Marco-Polo-Flughafen in Venedig gelandet war, ging es ihr nicht gut. Und jetzt, kurz vor dem endgültigen Aus ihrer Ehe, ergriff sie regelrechte Verzweiflung.
„Signor Vin Santos Terminkalender ist für heute Nachmittag voll. Tut mir leid“, verkündete die Rezeptionistin, doch ihr Gesichtsausdruck zeigte keine Spur von Mitleid.
„Bitte sagen Sie Signor Vin Santo, dass seine Frau hier ist. Ich bin sicher, dann wird er jeden Termin absagen.“ Selbst in ihren eigenen Ohren klang ihre Stimme verzagt, und Skye musste sich anstrengen, damit sie zumindest nicht zitterte. Die Scheidung war notwendig, und zwar genau jetzt. Sie brauchte seine Unterschrift auf diesen Papieren, um Italien so schnell wie möglich verlassen zu können, ehe er die Wahrheit herausfand.
Die Rezeptionistin versuchte gar nicht erst, ihre Geringschätzung zu verbergen. „Signorina?“
Unwillkürlich lächelte Skye. Es war das übliche Missverständnis. Sie war zweiundzwanzig und wirkte noch jünger. Das Make-up, das sie heute Morgen mühevoll aufgelegt hatte, war längst verblasst, und in diesem vornehmen Umfeld war sie ebenso fehl am Platz wie in ihrer Ehe. Dennoch hatte sie jedes Recht, hier zu sein. Und einen guten Grund. Also hob sie ihr Kinn und sah die Empfangsdame fest an. Innerlich allerdings fühlte sie sich wie in ihrem schlimmsten Albtraum.
„Signora“, korrigierte sie würdevoll. „Signora Skye Vin Santo.“
Voller Genugtuung registrierte sie, wie die andere ihren Mund lautlos zu einem überraschten „Oh“ formte. Doch sie hatte sich schnell wieder gefasst, griff zum Telefon und ließ ihren Blick dabei über Skyes Hand gleiten. Zum Glück hatte diese ihren zehnkarätigen Ehering noch nicht abgenommen.
„Mi dispiace! Entschuldigen Sie bitte, Signora Vin Santo“, beeilte sie sich zu sagen, drückte einen Knopf und wartete, bis die Verbindung hergestellt war. „Ich hatte keine Ahnung, dass Signor Vin Santo verheiratet ist.“
Die Worte trafen Skye ins Mark. Ihre Ehe hatte tatsächlich kaum mehr als einen Monat gedauert – einen Monat zu lang.
Wie hatte sie sich nur von ihm zum Narren halten lassen können, und sei es auch nur für diesen kurzen Zeitraum?Himmel, warum habe ich ihn überhaupt geheiratet? Doch das war einfach zu erklären.
Gegen ihren Willen tauchten die Bilder ihres ersten Treffens vor ihrem inneren Auge auf.
Er hatte einen schlichten Anzug getragen und war unglaublich charmant gewe