: Stefan Brunhoeber
: Kognitive Verhaltenstherapie bei Körperdysmorpher Störung Ein Therapiemanual
: Hogrefe Verlag GmbH& Co. KG
: 9783840928598
: 2
: CHF 35.30
:
: Psychologie
: German
: 183
: Wasserzeichen/DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: PDF/ePUB
Neben den bekannten Essstörungen ist die Körperdysmorphe Störung (KDS) eine weitere pathologische Form der Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper. Allein in Deutschland schätzt man die Anzahl der Betroffenen auf über eine Million. Die Störung verläuft oft chronisch und schwerwiegend und wird vielfach immer noch übersehen. In der Folge werden Betroffene falsch oder gar nicht behandelt. Der meist ich-synton geprägte Symptomkomplex und die wahnhafte Überzeugung der Patienten, körperlich missgestaltet zu sein, stellt Therapeuten vor große Herausforderungen. Dieses Manual bietet eine gute Grundlage, das Störungsbild besser zu verstehen und Patienten zu helfen, sich von ihrer Fixierung auf ihr Äußeres zu lösen. Neben einer Einführung zur Vielseitigkeit des Störungsbildes sowie Differenzialdiagnostik werden aktuelle Erklärungsmodelle und Behandlungsansätze diskutiert. Der Schwerpunkt liegt auf den Behandlungsstrategien, die für die 2. Auflage überarbeitet und durch zahlreiche praxisnahe Beispieldialoge, Übungen sowie Erfahrungen aus der Praxis ergänzt wurden. Aufbauend auf den Grundlagen (Motivationsaufbau, Psychoedukation etc.) wird das therapeutische Vorgehen nun auf sieben Behandlungssäulen aufgeteilt: 1)Bearbeitung der Funktionalität, 2)Korrigierende Erfahrungen in Bezug auf das Aussehen, 3)Reduktion der behavioralen Beschäftigung mit dem Aussehen/Körper, 4)Reduktion der gedanklichen Beschäftigung mit dem Aussehen, 5)Aufbau von Identitäten, die vom Aussehen unabhängig sind, 6)Veränderung der Selbstwahrnehmung, 7)Modifikation bzw. Aufbau von Bewältigungskompetenzen.

|15|Kapitel 2
Klinische Symptomatik


Die beiden folgenden Beispiele eines Manns und einer Frau sollen die vielfältige Symptomatik einer KDS illustrieren, bevor dann im Anschluss die einzelnen Symptome ausführlich beschrieben werden.

Beispiel: Jürgen L., 25 Jahre

Ich weiß, wenn ich jetzt sage was mein Problem ist, werden ein paar Leute lachen und sich denken „Und deswegen will er sich das Leben nehmen?“ Mein Problem ist, dass ich mich einfach nur hässlich finde. Ich kann mich nicht mehr sehen und ich habe auch schon oft deswegen geweint. Ich glaube, ich bin schon psychisch krank, da ich letztes Mal in meinen Spiegel gehauen habe, bis der kaputt gegangen ist. Ich wollte auch schon Mal ein Messer nehmen und mir das Gesicht aufschneiden, aber dafür war ich dann doch zu feige. Die Leute sagen zu mir, ich sei hübsch, aber die wissen gar nichts. Ich bin nicht hübsch! Ich stehe morgens auf und könnte schon kotzen. Ich kann an nichts anderes denken, als an mein hässliches Aussehen. Das hat mich krank gemacht. Ich bin so wütend. Ich schlage mir deswegen ins Gesicht. … Wenn ich in die Stadt gehe und mir die Leute angucke, wie hübsch sie sind, dann schäme ich mich für mein Aussehen! Ich pflege mich extrem und habe auch keine Pickel im Gesicht, aber es ist so komisch. Ich bin einfach hässlich. Wenn ich jemand Neues kennen lerne, dann habe ich immer Angst, die Person würde mich hässlich finden. Wenn ich rausgehe und mich Leute angucken, denke ich mir immer „Die gucken mich bestimmt gerade an, weil ich so hässlich bin.“ Egal was ich mache, ich werde diesen Gedanken nicht los.

Ich weiß nicht genau, was Schönheit ist, aber es gibt Leute … Topmodels … die haben alles, schöne Augen, schöne Lippen, schöne Wangen, schöne Wimpern, eine schöne Nase, einfach alles und was habe ich? Gar nichts davon und das tut mir so weh. Ich habe mal gehört, dass Menschen einen immer anders sehen als man sich selber, aber das wurde bestimmt nur erfunden, damit eine so hässliche Person wie ich nicht verzweifeln muss. Es vergeht nicht ein Tag, an dem ich nicht an mein Aussehen denke. Wenn ich mich auf Fotos sehe, zerreiße ich sie oft. Ich habe mich schon häufig mit Freunden gestritten, weil sie Fotos von mir mit dem Handy gemacht haben.

Heute habe ich den ganzen Tag damit verbracht, mich stundenlang vorm Spiegel zu beobachten. Ich habe festgestellt, dass meine Unterlippe ein wenig dicker ist als meine Oberlippe. Vielleicht ist das nicht schlimm, aber komisch finde ich es schon. Dann sind mir meine Augen aufgefallen. Ich habe ganz viele kleine Äderchen im Auge. Ist das normal? Meine Augenränder sind auch schlimm. Meine Haut gefällt mir sowieso nicht, sie schaut einfach nicht gesund aus. Es ist verrückt, aber ich kann’s nicht lassen. Ich hasse den Spiegel, aber ohne ihn kann ich auch nicht. Der Spiegel ist mein Freund und gleichzeitig mein Feind. Ohne ihn könnte ich mich z. B. nicht vergewissern, ob alles in Ordnung ist, und schauen, ob ich nicht doch was finde, was mir nicht gefällt. Und wenn ich dann was finde, hasse ich ihn. Ich hasse ihn jeden Tag, weil ich jeden Tag irgendwas finde, was mir nicht passt. Das macht mich krank. Ich möchte einmal in den Spiegel sehen und mir sagen: „Heute siehst du gut aus“, aber ich glaube, dazu wird es, so wie es aussieht, nie kommen.

Beispiel: Karin Z., 28 Jahre

Ich habe eigentlich überhaupt keinen Grund, mich zu beschweren, da ich ziemlich hübsch bin. Das sagen mir viele, und ich sehe es an vielen Reaktionen von anderen Männern und Frauen.|16|Aber ich selber mag mich überhaupt nicht und fühle mich zeitweise abgrundtief hässlich. Da es aber optisch keinen sichtbaren Makel für andere gibt, kann ich mit niemanden darüber sprechen, weil mich keiner versteht und mir immer gesagt wird, dass ich absolut keinen Grund dafür habe. Es geht bei mir im Speziellen um mein Gesicht. Es ist immer wieder etwas anderes, das mich stört, manchmal sind es die Zähne, dann wieder mein Mund. Ich denke, mein Mund sieht total seltsam aus und ich möchte nicht, dass, wenn ich rede, mir

Inhaltsverzeichnis und Vorwort7
Kapitel 1: Beschreibung der Störung12
1.1 Historie der Körperdysmorphen Störung (KDS)13
1.2Diagnostische Kriterien13
1.3 Unterformen der Körperdysmorphen Störung14
Kapitel 2: Klinische Symptomatik17
2.1 Von Sorgen betroffene Körperteile19
2.2Gedankliche Beschäftigung mit dem eigenen Aussehen19
2.3Sicherheitsverhaltensweisen21
2.4 Aufsuchen und Inanspruchnahme von medizinischer Hilfe37
2.5Psychosoziale Auswirkungen39
2.6KDS-spezifische Emotionen42
Kapitel 3: Epidemiologie46
Kapitel 4: Verlauf und Prognose48
Kapitel 5: Differenzialdiagnose und Komorbidität50
5.1Zwangsstörung50
5.2Soziale Phobie51
5.3Depression52
5.4Essstörung53
5.5Hypochondrische Störung54
5.6Schizophrenie54
5.7 Body Integrity Identity Disorder (BIID)55
5.8Excoriation Disorder55
5.9Wahnhafte Störung56
5.10Persönlichkeitsstörungen57
Kapitel 6: Diagnostische Untersuchungsinstrumente59
6.1 Body Dysmorphic Disorder Diagnostic Module (BDDDM)59
6.2Body Dysmorphic Disorder Modification of the Yale-Brown Obsessive Compulsive Scale (BDD-YBOCS)59
6.3 Körperdysmorpher Störungsfragebogen (KDS-F)59
6.4Fragebogen Körper­dysmorpher Symtome (FKS)60
6.5 Dysmorphic Concern Questionnaire (DCQ)60
6.6 Schwierigkeiten bei der Diagnostik der KDS60
Kapitel 7: Störungstheorien und Erklärungsmodelle61
7.1Genetische und neuro­biologische Hypothesen61
7.2 Psychologische Erklärungsansätze63
Kapitel 8: Behandlung72
8.1 Pharmakologische Behandlung72
8.2 Sonstige psychiatrische Behandlungsansätze75
8.3 Nicht psychiatrische medizinische Behandlungsformen75
8.4 Psychologische Behandlungsansätze78
Kapitel 9: Kognitive Verhaltenstherapie80
9.1Aufbau der therapeutischen Beziehung80
9.2 Feststellung der Veränderungsmotivation83
9.3 Aufbau von Veränderungsmotivation84
9.4 Entwicklung eines individuellen Störungsmodells102
9.5Säule I: Funktionalität108
9.6 Säule II: Korrigierende Erfahrungen121
9.7 Säule III: Reduktion der aussehensbezogenen Beschäftigung129
9.8 Säule IV: Reduktion der gedanklichen Beschäftigung mit dem Aussehen137
9.9Säule V: Aufbau vom Körper unabhängiger Identitäten148
9.10 Säule VI: Veränderung der Wahrnehmung155
9.11Säule VII: Verbesserung von Bewältigungskompetenzen162
9.12 Therapeutischer Umgang mit geplanten kosmetischen und chirurgischen Eingriffen165
9.13Umgang mit Rückfällen168
9.14 Erste Befunde zur Wirksamkeit169
Literatur171
Anhang183