: Wladimir Arsenjew
: Der Taigajäger Dersu Usala Erzählung. Mit zahlreichen Fotografien
: Unionsverlag
: 9783293307797
: 1
: CHF 7.80
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: Romanhafte Biographien
: German
: 320
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Wladimir Arsenjew, Geograf und Offizier des Zaren, erforscht 1902 die unwegsamen Grenzgebiete zwischen Russland und China. Eines Nachts stößt ein alter Jäger vom Volk der Golden zur kleinen Truppe. Der Jäger Dersu Usala wird für Arsenjew zum Führer und Gefährten. Dersu versteht sich mit den Kräutern und den Sternen. Er entschlüsselt die Geheimnisse der Natur mit verblüffender Beobachtungsgabe und Intuition. Er kennt, begreift und achtet auch die unscheinbarsten Regungen des Lebens. In zahlreichen Abenteuern und Gefahren kommen sich der Wissenschaftler und der Jäger nahe. Eine Freundschaft entsteht, die erst mit dem tragischen Tod von Dersu Usala ein Ende findet. Wladimir Arsenjews Erzählung ist zu einem Klassiker geworden, der in viele Sprachen übersetzt wurde. Dieses Buch wurde 1975 von Akira Kurosawa verfilmt und ausgezeichnet mit dem Academy Award für den besten ausländischen Film.

Wladimir Arsenjew (1872-1930) war Naturwissenschaftler und Offizier der zaristischen Armee und bereiste mehrmals das Gebiet zwischen dem Ussuri und dem Stillen Ozean. Während seiner zahlreichen Expeditionen, bei denen er sich als Geologe, Zoologe, Botaniker, Topograf, Ethnologe und Sprachforscher betätigte, trug er immenses wissenschaftliches Material zusammen. Er verfasste über sechzig Werke über den Fernen Osten Russlands.

Die Begegnung mit Dersu Usala


Nach der Rast setzte unser Zug den Weg fort. Diesmal gerieten wir in dichtes Bruchholz und kamen nur sehr langsam vorwärts. Gegen vier Uhr erreichten wir einen höheren Punkt. Ich ließ die Leute mit den Pferden zurück und ging selbst hinauf, um mich noch einmal zu orientieren.

Von oben sah ich den Berg, und sogleich waren alle Zweifel zerstreut. Von ihm zog ein hoher Kamm nach Westen hin, dessen Hang steil nach Norden abfiel. Als ich wieder zu meinen Leuten stieß, stand die Sonne bereits tief am Himmel, und wir mussten uns beeilen, um eine Wasserstelle zu finden. Der Abstieg war anfangs einfach, doch später rutschten die Pferde auf den Hinterbeinen hinunter. Dabei verlagerten sich die Traglasten nach vorn, und hätten die Sättel keine Schwanzriemen gehabt, wären sie den Tieren auf ihre Köpfe gerutscht. Wir mussten daher wieder in langen Zickzackschleifen hinuntergehen, was bei dem vielen Windbruchholz, das hier in Massen herumlag, keineswegs leicht war.

Jenseits des Gebirgspasses gelangten wir sofort in tiefe Schluchten. Die Gegend war stark zerklüftet. Die tiefen Spalten mit den entwurzelten Bäumen und moosbewachsenen Felsen, zwischen denen Rinnsale tropften, erinnerten mich an die Walpurgisnacht. Kalt zog es herauf. Man konnte sich kaum eine wildere und unwirtlichere Gegend vorstellen.

Es kommt oft vor, dass Berge und Wälder ein freundliches, frohes Aussehen haben. Dann möchte man am liebsten für immer in ihnen verweilen. Ein anderes Mal aber sehen sie düster und wild aus. Und das Seltsamste dabei ist, dass man nicht alleine ist mit diesem Gefühl, sondern es immer von allen Mitgliedern der Expedition geteilt wird. Ich habe oft danach gefragt und es immer wieder bestätigt bekommen. So war es auch diesmal. Unsere Umgebung strömte etwas Banges, Unheimliches aus, und dies empfand jeder Einzelne von uns.

Laut unterbrach einer der Soldaten das Schweigen, als ob er das Unbehagen abschütteln wolle: »Macht nichts«, sagte er. »Irgendwo werden wir schon übernachten. Wir werden ja kein Jahr hier verbringen. Morgen finden wir wieder ein freundlicheres Plätzchen.«

Ich hatte keine Lust, das Lager aufzuschlagen, aber es blieb uns keine andere Wahl. Die Dämmerung brach herein, und wir mussten uns beeilen. Im Grund der Schlucht murmelte ein Bach; ich