1. KAPITEL
Noch besser. Noch besser.
Ihre eigenen Worte hallten in ihr wider wie ein Echo, sosehr Janis auch versuchte, sie zu verdrängen. Das war damals. Und jetzt war heute. Wie feierte man den Tod einer romantischen Liebe?
Gar nicht. Man versuchte einfach zu überleben.
Hier stand sie nun, vor dem Haus von Mykals Familie, und war bereit mit einem Federstrich offiziell zu beenden, was ihnen noch vor wenigen Monaten so viel bedeutet hatte. Sie schlang die Finger um die Stäbe des schmiedeeisernen Zauns, der alle fernhalten sollte, die nicht hierher gehörten.
Wie zum Beispiel mich. Ganz besonders mich.
Der Bürgerkrieg war schuld. Das sagten alle. Das hatte sie sich selbst auch gesagt, als sie Mykal Marten heiratete, einen Mann, den sie damals kaum drei Monate gekannt hatte. Ihre Ehe war voller Leidenschaft gewesen, sehr intensiv, und hatte doch nur kurz gehalten. Sie waren kaum ein halbes Jahr zusammen gewesen, und doch erschien es ihr wie ein ganzes Leben.
Sie und Mykal hatten sich freiwillig zum militärischen Nachrichtendienst gemeldet. Beide hatten ein hartes Training absolviert, und als sie einander begegneten – damals ging der Krieg gerade seinem Ende entgegen –, schienen sie das perfekte Paar zu sein. Janis konnte kaum glauben, dass der Mann, den sie geheiratet hatte, in dieser … schlossartigen Villa aufgewachsen war. Hier wohnten offenbar reiche Leute. Sehr reiche Leute.
Mykal und sie hatten nie viel über ihre Familien und ihre Kindheit gesprochen. Sie hatte gar nicht gemerkt, dass er über seine Vergangenheit genauso wenig redete wie sie über ihre. Sie hatte darauf vertraut, dass er nicht insgeheim eine Familie mit Verbindungen zur Mafia hatte, im Gegensatz zu ihr selbst. Allerdings redete sie darüber mit niemandem außer mit ihrem Bruder Rolo.
Nun stand sie also vor dem prachtvollen Anwesen, das man ihr als Mykals jetzige Adresse genannt hatte, und versuchte den Mut aufzubringen, zu klingeln und darum zu bitten, mit ihm sprechen zu dürfen. Sie gehörte nicht hierher. Ihr Herz klopfte heftig, und ihre Knie fühlten sich an wie Gummi. Sie hatte Angst.
Vor allem hatte sie Angst vor ihren eigenen Gefühlen. Würde sie noch einmal zulassen, dass Mykal auf ihnen herumtrampelte? Würde es ihr gelingen, die Erinnerung an die bitterste aller Enttäuschungen wachzuhalten, wenn sie in seine wundervollen blauen Augen schaute?<