1. KAPITEL
Kiesknirschen auf der Auffahrt ließ Emily aufmerken. Rasch kletterte sie aus der Badewanne und huschte mit ihren kurzen rötlich blonden, vom Waschen noch feuchten Locken zum offenen Schlafzimmerfenster, um nach unten zu spähen.
Warme Juliluft strömte ihr entgegen, die erfüllt war von den schweren Düften von Ginster, Pinien und einer Mischung anderer würziger Gerüche, die den besonderen Reiz der Sommer in Frankreich ausmachen. Am Abendhimmel flatterten kleine schwarze Wesen über dem moosbewachsenen rötlichen Pfannendach und den hohen Kaminschornsteinen des gegenüberliegenden Schlossflügels. Fledermäuse, vermutete Emily.
Sie hüllte sich fester in das große elfenbeinfarbene Badehandtuch und trat hinter den schweren Vorhang zurück. Unten fuhr ein schnittiger offener Mercedessportwagen in den Hof und hielt vor dem Schlossportal.
Da es noch nicht ganz dunkel war, konnte Emily im Schein der Sturmlampe unter sich einen großen breitschultrigen Mann erkennen, der federnd vom Fahrersitz sprang. Der Fremde nahm etwas aus dem Wagen, das wie ein Aktenkoffer oder eine Bordtasche aussah, und strich sich mit den Fingern das dunkle Haar aus der Stirn. Zielstrebig schritt er auf die Treppe zu. Die Geschmeidigkeit seiner Bewegungen hatte etwas Raubtierhaftes an sich, fand Emily.
Ob das ihr neuer Chef war? Der Instinkt sagte ihr, dass der Mann Christian de Malraux sein musste, obwohl Lisette Duvert erklärt hatte, Monsieur würde erst am nächsten Tag von einer Geschäftsreise zurückkehren. Der Ankömmling hatte etwas Befehlsgewohntes an sich, fand Emily und unterdrückte ein Lächeln. Er sah aus, als gehörte er zu den Männern, die sich für unersetzlich hielten und so taten, als käme die Welt nur schwer ohne sie aus.
Emily wandte sich ab. Besser, sie trocknete sich ab, kleidete sich an und versuchte, den Weg nach unten zu finden, um sich dem Schlossherrn vorzustellen. Lisette Duvert, die attraktive Wirtschafterin, hatte sich überrascht gezeigt, als Emily bereits einen Tag früher als erwartet vor der Tür stand. Die junge Frau hatte sie zu ihrem Zimmer geführt und mit der knappen Erklärung sich selbst überlassen, sie, Lisette, hätte jetzt frei. Vorher hatte sie Emily noch vage den Weg zum nächsten Restaurant beschrieben, wo sie zu Abend essen könne. Emily hatte das ungute Gefühl, dass sie die Einzige von den Angestellten war, die im Château de Mordin übernachtete.
Normalerweise war sie keineswegs ängstlich, doch heute hatte sie ernstlich in Erwägung gezogen, den gemieteten Renault 5 wieder zu besteigen und nach Saintes zu fahren, um ihre alte Brie