Der Heilige Abend neigte sich seinem Ende zu.
Begonnen hatte er im Dorf unterhalb von Château Montagne, mit der Messe de Minut im altehrwürdigen Kirchlein Saint-Cyriac. Pater Ralph hatte eine bewegende und nachdenklich stimmende Predigt gehalten, Kinder des Dorfes führten ein Krippenspiel mit moderner Note auf, und der Kirchenchor hatte die Gemeinde mit »Nuit de Paix« in die stille Nacht entlassen.
Zamorra hatte schon im Voraus zum Réveillon, dem gemeinsamen Weihnachtsschmaus, mit anschließender Feier aufs Schloss eingeladen. Obgleich vor allem Familien mit Kindern dem Professor zwar herzlich gedankt, es aber dennoch vorgezogen hatten, nach Hause zu gehen, um den restlichen Abend und den morgigen eigentlichen Feiertag traditionell zu begehen, waren doch viele der Einladung gefolgt. Und so war der Heiligabend auf Château Montagne wunderschön und fröhlich geworden. Zamorra und Nicole hatten ihre Rolle als Gastgeber mit Perfektion und Freude erfüllt und genossen – aber jetzt stahlen sie sich einen Augenblick, den sie nur einander schenkten.
Sie hatten sich ins Arbeitszimmer im zweiten Stock des Nordturms zurückgezogen. Durch dessen von der Decke bis zum Boden reichendes Panoramafenster hatte man die schönste Aussicht über die Loire und auf das kleine Dorf im Tal. Der Schein von Mond und Sternen ließ die leicht verschneite Landschaft aus Mischwald und Weiden wie mit Silberstaub bepudert wirken. Und wie ein vor dem Weihnachtsbaum zu Boden gefallenes Geschenkband wand sich die zum Schloss heraufführende Serpentinenstraße hindurch.
Sie hatten beide schon die ganze Welt gesehen – mehr noch, sie hattendiese Welt und viele andere gesehen. Aber …
»Nirgends ist es so schön wie zu Haus«, flüsterte Nicole und schmiegte sic