1. KAPITEL
Sieben Monate später fing Pippa wieder mit dem Joggen an, um fit zu bleiben, wie sie behauptete. In Wahrheit versuchte sie jedoch nur, vor ihren Erinnerungen und vor der Erkenntnis davonzulaufen, dass es wahrscheinlich für sie nur diesen einen Mann gab, den sie nicht haben konnte.
Um sechs Uhr morgens war der weiße Sandstrand noch menschenleer. Sie genoss die Ruhe und Stille um sich herum und das leise Plätschern der Wellen. Vielleicht würde es ihr helfen, die quälenden Gedanken zu ordnen.
Schließlich machte sie eine Pause und atmete tief die salzige Luft ein. Als sie nach wenigen Minuten weiterlief, kam ihr plötzlich jemand entgegen. Beim Näherkommen erkannte sie, dass es sich um eine zierliche Frau mit kurzem weißem Haar in einem Strandkleid handelte. Pippa nickte und sagte freundlich: „Guten Morgen.“
Die Frau wandte sich jedoch ab und stolperte dann auch noch.
„Verzeihung, brauchen Sie Hilfe?“, erkundigte sich Pippa besorgt.
Die Frau schüttelte den Kopf. „Nein, vielen Dank. Es ist wunderschön hier, nicht wahr?“ Ihre betont muntere Stimme stand in eigenartigem Kontrast zu ihrem hinfälligen Äußeren.
„Ja, das finde ich auch.“ Sie erinnert mich an jemanden, überlegte Pippa, wusste aber nicht, an wen. Als die Fremde erneut stolperte, war sie ernsthaft beunruhigt. „Ich begleite Sie gern, wenn Sie mir sagen, wohin Sie möchten.“
„Nein, vielen Dank“, wehrte die Frau geradezu entsetzt ab und brach plötzlich zusammen.
„Oh nein!“ Alarmiert beugte Pippa sich über sie. Außer sich vor Angst, tätschelte sie der Frau sanft die Wangen und sagte immer wieder: „Bitte, kommen Sie zu sich!“ Als sie gerade über ihr Smartphone Hilfe herbeirufen wollte, öffnete die Fremde die Augen und blickte Pippa durchdringend an.
„Geht es Ihnen besser? Möchten Sie etwas Wasser trinken?“ Sie hielt ihr die Flasche hin, die sie immer zum Joggen mitnahm. „Ich lasse den Krankenwagen kommen.“
„Nein, bitte nicht“, protestierte die andere und fing an, herzzerreißend zu schluchzen.
Pippa konnte es kaum ertragen. „Bitte, lassen Sie mich Ihnen doch helfen!“
„Ich möchte doch nur auf Chantaine sterben.“
Plötzlich wusste Pippa, warum die Frau ihr bekannt vorkam: Sie sah Nic sehr ähnlich, er hatte dieselben Augen, war allerdings viel größer und kräftiger als seine Mutter.
„Amelie“, flüsterte sie. „Sie sind Amelie Lafitte.“
Zögernd nickte die andere. „Wie kommen Sie darauf?“
„Ich kenne Ihren Sohn Nic.“ Er hatte einmal erwähnt, dass seine Mutter krebskrank war.
„Ich wollte nur einen Strandspaziergang machen. Bestimmt nimmt er es mir übel, dass ich die Jacht ohne sein Einverständnis verlassen habe.“
„Ich rufe ihn an“, verkündete