Prolog
Britannien, März A.D. 45
Der dichter werdende Nebel zwang dieTurma aus zweiunddreißig Legionären, ihre Pferde zum Schritt zu bremsen. Das Schnauben der Tiere und das Klimpern des Zaumzeugs klangen gedämpft durch den Dunst, der die kleine Einheit umfing.
Titus Flavius Sabinus zog seinen feuchten Mantel fester um die Schultern und verfluchte im Stillen das elende Klima hier im Norden. Zugleich verfluchte er seinen direkten Vorgesetzten, General Aulus Plautius, den Oberbefehlshaber der römischen Invasionsstreitmacht in Britannien, weil dieser ihn unter solch widrigen Bedingungen zu einer Besprechung beordert hatte.
Der Befehl war völlig überraschend gekommen. Als der Bote, ein Tribun aus Plautius’ Stab, am Vorabend mit einem einheimischen Führer im Winterlager derXIIII Gemina am Mittellauf des Tamesis eingetroffen war, hatte Sabinus mit letzten Befehlen für die bevorstehende Feldzugsaison gerechnet. Warum sollte Plautius von ihm verlangen, fast achtzig Meilen nach Süden zu reiten, um ihn im Winterquartier derII Augusta zu treffen, der Legion seines Bruders Vespasian? Es erschien seltsam, nachdem die Legati aller vier Legionen erst vor einem Monat im Hauptquartier ihres Generals in Camulodunum zusammengekommen waren.
Natürlich konnte der Tribun ihm nicht den Grund für dieses außerordentliche Treffen verraten. Er war ein junger Mann von nicht einmal zwanzig Jahren, den Sabinus seit der Invasion vor zwei Jahren kannte. Sabinus erinnerte sich an die vier Jahre, die er selbst in diesem Rang in Pannonien und Africa gedient hatte. Seine Oberbefehlshaber hatten ihm kaum jemals Einzelheiten anvertraut. Ein Tribun mit schmalen Streifen aus dem Ritterstand war der rangniederste Offizier, und von ihm wurde erwartet, zu lernen und fraglos zu gehorchen. Jedenfalls trug das eingerollte Dokument, das der junge Mann überbrachte, Plautius’ persönliches Siegel, also blieb Sabinus nichts anderes übrig, als sich fluchend dreinzufügen. Plautius war ein Mann, der Säumigkeit und Ungehorsam nicht duldete.
Widerstrebend überließ Sabinus das Kommando über dieXIIII Gemina seinem neu eingetroffenen obersten Tribun Gaius Petronius Arbiter und ritt im Morgengrauen mit einer Eskorte, dem Boten und seinem Führer gen Süden. Es versprach, ein frostiger, aber klarer Tag zu werden. Erst als sie am frühen Nachmittag hinauf auf die Ebene ritten, die sie jetzt überquerten, begann sich der Nebel zu senken.
Sabinus warf einen Blick auf den einheimischen Führer, einen rotgesichtigen Mann mittleren Alters, der zu seiner Rechten auf einem stämmigen Pony ritt. Die Witterung schien ihm nichts anzuhaben. «Kannst du dich bei diesem Nebel überhaupt noch orientieren?»
Der Brite nickte, dass sein langer Schnurrbart schaukelte. «Dies ist das Land meines Stammes, der Dobunner. Ich habe hier oben gejagt, seit ich reiten gelernt habe. Die Ebene ist ziemlich flach und eintönig, wir müssen uns nur in südlicher Richtung halten, mit leichtem Einschlag nach Westen, dann gelangen wir hinunter ins Territorium der Durotrigen hinter der römischen Frontlinie. Morgen Mittag erreichen wir das Lager der Legion an der Küste.»
Sabinus ging darüber hinweg, dass der Mann ihn nicht mit «Herr» angeredet oder sonst irgendwelche Achtung vor seinem Rang an den Tag gelegt hatte. Er wandte sich an den Tribun zu seiner Linken. «Traut Ihr seinen Fähigkeiten, Alienus?»
Alienus’ jugendliches Gesicht nahm einen respektvollen Ausdruck an. «Absolut, Herr. Er hat mich zu Eurem Lager geführt, ohne ein einziges Mal vom Weg abzukommen. Ich weiß wirklich nicht, wie ihm das gelingt.»
Sabin