: Werner Thuswaldner
: Die Welt des Dr. Hohenadl Ansichten eines gelernten Österreichers
: ecoWing
: 9783711052544
: 1
: CHF 14.20
:
: Erzählende Literatur
: German
: 224
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die Tiefen und Untiefen der österreichischen Seele Man könnte ihn wohl einen Sonderling nennen. Dr. Hohenadl lebt in Wien, er ist materiell unabhängig, aber dennoch voller Existenzängste. Er kennt das Korsett der österreichischen Tradition. Herr Dr. Hohenadl nimmt die österreichischen Verhältnisse im Allgemeinen und seine unmittelbare Situation im Besonderen zum Anlass gründlicher, manchmal ein wenig umständlicher Überlegungen. Mit einer Fülle von teils aberwitzigen Ideen - die meisten kreisen um das Thema Sparsamkeit - will er sich nützlich machen. Ob es ihm nun aufgetragen ist, die Aquariumsfische in der Wohnung seines abwesenden Bruders zu betreuen, oder er sich das Sounddesign von Automobilen als Thema stellt, die Geschichte nimmt stets einen höchst eigenen, unvorhersehbaren Verlauf. Die vielen Niederlagen, die er einstecken muss, entmutigen ihn nicht. Ein Blick ins Innere einer österreichischen Seele.

Dr. Werner Thuswaldner wurde 1942 in Laas, Kärnten geboren. Der Polyhistor und Tausendsassa war 24 Jahre lang Leiter der Kulturredaktion der Salzburger Nachrichten, und unterrichtete an der Universität Salzburg und am Mozarteum. Er ist Verfasser der Romane »Pittersberg«, »Der Mann mit Ideen«, »Das Jubiläum« sowie von Kinderbüchern, Hörspielserien und Theaterstücken. Thuswaldner ist Mitglied des P.E.N.-Clubs.

Dr. Hohenadl und seine beidenBrüder


Jeder der drei Hohenadl-Söhne musste Jus studieren. Das hatte der Vater so bestimmt. Die Schulzeit hatte jeder von den dreien in einem katholischen Internat verbracht: der Ältere im Linzer Petrinum, der Mittlere bei den Zisterziensern in Bregenz, der Jüngere bei den Benediktinern in Kremsmünster. Erst nach dem Doktorat sollten sie alle mit einer lebenslangen Versorgung ausgestattet werden. Das Jusstudium war wie so oft in Österreich nicht ernst gemeint, aber es war der einfachste Weg, um zu einem Doktortitel zu gelangen. Der Titel sollte die drei Brüder vor Geringschätzung durch die Gesellschaft schützen. So dachte der Vater aufgrund seiner Erfahrungen.

Außenstehende behaupteten gelegentlich, die Hohenadl-Brüder seien Nichtstuer, die von einem großen Erbe lebten. Sie ließen es sich gut gehen, weil sie lebenslänglich mit einer monatlichen Apanage rechnen konnten. Das war aber nicht richtig. In Wahrheit verstand sich der Vater als Sozialreformer. Er verwirklichte innerhalb der Familie ein Modell, das ein Vorbild für den Staat hätte werden sollen, der Politik fehlte jedoch der Mut dazu. Es blieb bei unergiebigen Diskussionen. Die Hohenadl-Familie dagegen war ihrer Zeit voraus und setzte die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens in die Praxis um. Der Vater war ernsthaft der Meinung, ein Beispiel zu setzen und dieses ideale Mittel zur Existenzsicherung werde Furore machen.

Er legte seinen Söhnen jedoch dringend nahe, geistige Arbeit nicht zu scheuen. Dazu seien sie der Gesellschaft verpflichtet. Sie sollten so wie er den scheinbaren Müßiggang kultivieren, in Wirklichkeit aber die geistige Anstrengung jederzeit auf sich nehmen. Der Vater lag fast den ganzen Tag auf einer Chaiselongue und schaute in die Luft, ohne etwas zu lesen, ohne etwas zu hören. Das sah äußerlich nach Untätigkeit aus, war es aber nicht. Die Dialoge beschränkte er auf das Allernöti