Dr. Hohenadl und seine beidenBrüder
Jeder der drei Hohenadl-Söhne musste Jus studieren. Das hatte der Vater so bestimmt. Die Schulzeit hatte jeder von den dreien in einem katholischen Internat verbracht: der Ältere im Linzer Petrinum, der Mittlere bei den Zisterziensern in Bregenz, der Jüngere bei den Benediktinern in Kremsmünster. Erst nach dem Doktorat sollten sie alle mit einer lebenslangen Versorgung ausgestattet werden. Das Jusstudium war wie so oft in Österreich nicht ernst gemeint, aber es war der einfachste Weg, um zu einem Doktortitel zu gelangen. Der Titel sollte die drei Brüder vor Geringschätzung durch die Gesellschaft schützen. So dachte der Vater aufgrund seiner Erfahrungen.
Außenstehende behaupteten gelegentlich, die Hohenadl-Brüder seien Nichtstuer, die von einem großen Erbe lebten. Sie ließen es sich gut gehen, weil sie lebenslänglich mit einer monatlichen Apanage rechnen konnten. Das war aber nicht richtig. In Wahrheit verstand sich der Vater als Sozialreformer. Er verwirklichte innerhalb der Familie ein Modell, das ein Vorbild für den Staat hätte werden sollen, der Politik fehlte jedoch der Mut dazu. Es blieb bei unergiebigen Diskussionen. Die Hohenadl-Familie dagegen war ihrer Zeit voraus und setzte die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens in die Praxis um. Der Vater war ernsthaft der Meinung, ein Beispiel zu setzen und dieses ideale Mittel zur Existenzsicherung werde Furore machen.
Er legte seinen Söhnen jedoch dringend nahe, geistige Arbeit nicht zu scheuen. Dazu seien sie der Gesellschaft verpflichtet. Sie sollten so wie er den scheinbaren Müßiggang kultivieren, in Wirklichkeit aber die geistige Anstrengung jederzeit auf sich nehmen. Der Vater lag fast den ganzen Tag auf einer Chaiselongue und schaute in die Luft, ohne etwas zu lesen, ohne etwas zu hören. Das sah äußerlich nach Untätigkeit aus, war es aber nicht. Die Dialoge beschränkte er auf das Allernöti