KAPITEL 9 – Die Eroberung
Erst als sich jemand an der Appartement-Tür zu schaffen machte, erwachte ich aus meiner Schockstarre.
„David?“ Ich schälte mich aus dem Sessel. „David?“
„Wer sonst?“ Er versuchte sich an einem Lächeln, aber er sah abgekämpft aus. Den Blumenstrauß in seiner Hand legte er auf das Sideboard neben der Garderobe. „Das habe ich vor der Tür gefunden.“ Er sah mich fragend an.
Ich lief auf ihn zu. Mein Impuls, mich in seine Arme zu flüchten, wurde jäh abgewürgt, als er seinen Mantel abstreifte.
„Oh Gott, David, du blutest ja!“ Sein weißes Hemd wies am Ärmel einen großen, dunkelroten Fleck auf.
„Das sieht schlimmer aus, als es ist. Siehst du?“ Er krempelte den Ärmel hoch und zeigte seinen unversehrten Arm. „Ich bin nur unglücklich gestolpert …“
„… gestolpert und in ein Messer gefallen?“ Ich griff mir mit beiden Händen an den Kopf. „Was zum Teufel ist hier eigentlich los?“ Dass David versuchte, mich anzulügen, trug nicht gerade zu meiner Besänftigung bei. „Könntest du mal bitte mit der Wahrheit herausrücken? Deine Informationspolitik ist noch mein Tod!“
David sah schuldbewusst aus. „Jessi, so beruhige dich doch!“ Er kam auf mich zu und berührte mich leicht am Arm. „Bitte, setzen wir uns.“
Ich ließ mich widerwillig von ihm Richtung Sofa führen. „Ich kann mich aber nicht beruhigen! Um ein Haar hätte ich dem Invasor die Tür geöffnet, dann hättest du mich hier beruhigter vorgefunden, als dir lieb gewesen wäre.“
„Was?“ David blieb stehen und drehte mich zu sich. „Der Invasor?“ Er schaute mich durchdringend an.
„Ja, der Typ, dem du angeblich in meiner Wohnung den Hals durchgebissen hast, erinnerst du dich?“ Ich wandte mich ab und warf mich aufs Sofa. „Wieso hast du mir nicht gesagt, dass der in meiner Wohnung ein anderer war als der, der dich im Coffee Shop angegriffen hat? Du hast mich im Glauben gelassen, es gäbe nur einen! Ich hätte dabei draufgehen können!“
David wurde bleich. Er kniete sich schräg vor mich und stützte sich mit dem Arm auf die Sitzfläche der Couch. „Bitte verzeih mir, das war wirklich nicht meine Absicht! Ich wollte dich nicht verängstigen …“
„Sehe ich jetzt vielleicht unbesorgt aus? Du hättest es mir unbedingt sagen müssen!“
„Du hast recht. Ich habe es versucht, aber … Es tut mir sehr leid.“ Er schlug mit der flachen Hand auf das Polster. „Ich dachte, ich könnte ihn ausfindig machen und … das Problem lösen, bevor du es merkst.“ David rieb sich das Kinn. „Ich hatte in deiner Wohnung das Handy des toten Invasors an mich genommen und mit diesem Handy dem verbliebenen Invasor eine Nachricht geschickt, um mich mit ihm zu treffen. Er kam auch, aber … er war nicht unbewaffnet. Dann näherten sich Menschen … Ich muss zugeben, mein Plan ist fehlgeschlagen.“ David blickte mir zerknirscht in die Augen.
„Tja, und vor eurem Treffen hat er noch schnell die Gelegenheit nutzen und mich alleine hier im Appartement antreffen wollen. Zum Glück habe ich auf mein Bauchgefühl gehört und ihm nicht die Tür geöffnet.“
„Die Blumen!“ David kniff die Augen leicht zusammen. „Er hat sie dir vor die Tür gelegt, nicht wahr?“
„Ja. Aber er hätte sie zu gern persönlich abgegeben.“
„Oh Jessi, es tut mir so leid! Bitte …“
„Du brauchst dich nicht ständig zu entschuldigen“, unterbrach ich ihn und hob abwehrend die Hände. „Aber in Zukunft will ich wissen, was los ist. Das musst du mir versprechen!“ Ich sah ihn streng an.
David nickte ernst.
„Wo waren eigentlich die Personenschützer? Sonst kleben sie ein