: Martha Grimes
: Inspektor Jury und der Weg des Mörders Roman
: Goldmann
: 9783641239145
: Die Inspektor-Jury-Romane
: 1
: CHF 8.90
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: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 512
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Robbie Parsons kennt als Taxifahrer jeden Winkel Londons. Nichts kann ihn aus der Ruhe bringen. Bis eines Tages zwei seiner Fahrgäste, David und Rebecca Moffit, beim Aussteigen wie aus dem Nichts erschossen werden - und der Mörder prompt in Robbies Taxi springt, um sich durch die Stadt chauffieren zu lassen. Doch zum Glück steigt der bewaffnete Fahrgast am Bahnhof Waterloo aus und verschwindet. Inspektor Jury ist schockiert, als er davon erfährt, denn er hat kurz zuvor Bekanntschaft mit dem sympathischen David gemacht. Eine erste Spur führt ihn in einen exklusiven Londoner Club. Und was er dort erfährt, stellt ihn vor ein Rätsel ...

Martha Grimes zählt zu den erfolgreichsten Krimiautorinnen unserer Zeit. Lange Zeit unterrichtete sie kreatives Schreiben an der Johns-Hopkins-University. Durch ihre Serien um Inspektor Richard Jury und die 12-jährige Ermittlerin Emma Graham wurde sie weltbekannt. Die 'Mystery Writers of America' kürten sie 2012 für ihr Lebenswerk zum 'Grand Master', und ihre Inspektor-Jury-Reihe wurde nun auch fürs deutsche Fernsehen entdeckt und erfolgreich verfilmt. Martha Grimes lebt heute in Bethesda, Maryland.

London,

1. Nov., Freitagabend

1. Kapitel


Er war ein toter Mann, und er wusste es.

Sobald er diesem Dreckskerl nichts mehr nützte, würde der ihn erschießen.

Also musste Robbie Parsons ihm weiter nützen.

Er war froh, dass er sich seine grüne Kennmarke verdient hatte, dankbar für all die Monate, die er auf dieser oder jener Strecke in London in der Gegend umhergefahren war, um sich als Fahrer eines schwarzen Taxis zu quali­fizieren.

Robbie hatte Straßenkarten im Kopf. Manchmal, wenn er umherfuhr und nach einem Fahrgast Ausschau hielt, machte er sich den Spaß und setzte sich Zielmarken mit Orientierungspunkten, an denen er auf dem Weg zu einem bestimmten Ort entweder vorbeikommen musste oder nicht. Mit solchen Straßenkarten im Kopf war es egal, wohin dieser schwarze Typ ihn fahren ließ (bisher hatte er ihm noch gar nichts gesagt), und Robbie wusste, wie er den längsten Weg nahm, ohne Argwohn zu erregen.

Robbie wusste Bescheid, weil er schon seit fünfunddreißig Jahren alle möglichen Menschen in der Gegend he­rumkutschierte. Trotzdem, so clever war er nicht, dass er sämtliche afrikanischen Länder durchgehen konnte, um festzumachen, aus welchem dieser Kerl stammte. Normalerweise drangen kleine Gesprächsfetzen an sein Ohr – etwa dass ein Fahrgast Kapstadt erwähnte oder Nairobi oder Victoria Falls, so in der Art. Dieser Fahrgast heute Abend war allerdings nicht an Smalltalk interessiert. Es herrschte Schweigen. Robbie hatte noch nie ein solch lastendes Schweigen erlebt.

Allerdings auch noch nie Schweigen plus Schusswaffe.

Vor knapp einer Stunde war er die Ebury Street entlanggefahren, hatte ein bisschen in Belgravia herumgeschaut und war dann in Richtung Beeston Place abgebogen, wo sich das Goring Hotel befand. Er hatte den Portier nach einem Taxi Ausschau halten sehen, hinter sich das Pärchen, für das es anscheinend gedacht war, während der die beiden mit einem riesigen Schirm schützte. Gar nicht so einfach bei dem Regen.

Ein sehr gutaussehendes Paar. Robbie fuhr beim ­Goring vor, der Portier riss den Wagenschlag auf und half der Frau hinein. Sie war wirklich wunderschön, ihr Haar hell schimmernd wie Mondlicht, das Perlweiß ihres Gesichts noch verstärkt von ihrem weißrosa Kleid. Der Mann, groß und dunkel, trug einen Abendanzug unter dem schwarzen Kaschmirmantel. Er schob sich ins Taxi, schüttelte sich ­dabei den Regen von den Mantelaufschlägen, achtete ­jedoch darauf, dass die Frau nichts abbekam.

Robbie schob das Glasfensterchen auf und sagte über die Schulter: »Ihr Zielort, Sir?«

»Ein Klub im Finanzdistrikt. Die Straße ist schwer zu finden, sagte man mir.«

Geht es Uneingeweihten nicht allen so?

»Der Name des Klubs, Sir?«

»The Artemis. Ein Spielcasino?«

»Ein sehr exklusiver Klub, Sir, einer der besten in London. Sie haben Glück, dass Sie da überhaupt reinkommen. Die Warteliste ist ein Jahr lang.«

Sie sagte: »Wieso wartet jemand ein Jahr, um in ein ­Casino zu kommen?« Dann lachte sie.

»Ich weiß, was Sie meinen, Madam.«

Der Mann sagte: »Die haben alle möglichen Regeln. Man muss zur vereinbarten Zeit ankommen und sich richtig fein machen. Ziemlich seltsam, dabei will man bloß ein bisschen spielen.«

Geschmeidig fädelte sich Robbie in den Verkehr Richtung Knightsbridge ein. »Ich glaub, das Artemis versteht sich nich bloß als Ca