Ich bin ein unkreativer Mensch, dem es von Natur aus widerstrebt, sein Leben zu planen. Damit bin ich die ersten 42 Jahre meines Lebens gut durchgekommen. Weil ich eben so war. Heute kann ich wohl sagen, dass ich zwar ein bisschen kreativ bin, mein Leben aber immer noch nicht wirklich plane. Planen ist langweilig.
Aber fangen wir mit der Kreativität an: Seit ich mit elf Jahren meine 24 halb ausgetrockneten Filzstifte für immer weggelegt und aufgehört habe, Prinzessinnen mit Kronen und Pferde, die wie Dackel aussahen, zu zeichnen, habe ich nichts mehr hervorgebracht, was in die Rubrik „Dinge, die kreative und großartige Menschen normalerweise tun“ passen würde. Jedenfalls bis jetzt nicht. Großartig bin ich immer noch nicht und werde es wohl auch bis zu meinem Tod nicht sein (nicht großartig und planlos also – du liebst mich doch jetzt schon, oder?).
Mein Alltag hat sich sehr verändert. Ich denke fast die ganze Zeit, in der ich wach bin, an Buchstaben und Tinte – etwas, worüber ich in den vorangegangenen Jahren kaum nachgedacht habe. Jedes Mal, wenn ich einen Spaziergang mit Stefan1 mache, stoße ich auf Formen und Farben in der Natur, die mich beim Zeichnen von Buchstaben inspirieren. Mir fallen tolle Schriftarten und spannende grafische Formen auf Schildern, in Anzeigen, auf Bussen und in Zeitungen und Büchern auf. Mein Gehirn hat vorher ganz offenbar selektiv nur klare, analytische und geordnete Dinge wahrgenommen (du kannst dir vorstellen, wie langweilig das war) und arbeitet meines Wissens nun mit voller Kraft in die andere Richtung. Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht. Ich verkaufe Drucke an verschiedenen Orten der Welt, halte Workshops, zeichne Logos und Verpackungsdesign für Leute, die ich gar nicht kenne, und bin mehr oder weniger permanent beschäftigt, mit genauso vielen Glücksgefühlen im Bauch wie Tinte an den Fingern – zwei Faktoren, die übrigens in konstanter Beziehung miteinander zu stehen scheinen.
Folgendes möchte ich gerne erzählen, weil ich selbst gar nicht wusste, dass man eben nicht Designer, Künstler oder ein grafisch begabtes Wunderkind sein muss, um Buchstaben zeichnen zu können. Ich habe eine schlechte Handschrift, die hatte ich immer und werde sie auch immer haben, aber das spielt keine Rolle. Ich habe kein Designstudium oder sonstige kreative Ausbildung in der Hinterhand, aber auc