: Alexei Tolstoi
: Geheimnisvolle Strahlen Science-Fiction Roman
: Null Papier Verlag
: 9783962815875
: & Fantasy bei Null Papier
: 3
: CHF 0.90
:
: Science Fiction
: German
: 450
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
In diesem prophetischen Science-Fiction-Roman nahm der Autor die Entwicklung von Laserstrahlen vorweg. Erzählt wird die Geschichte eines Ingenieurs, der eine Waffe von enormer Zerstörungskraft entwickelt. Null Papier Verlag

Alexei (Nikolajewitsch Graf) Tolstoi (10.01.1883-23.02.1945) war ein russisch-sowjetischer Schriftsteller. Sein heute bekanntestes und immer wieder neu aufgelegtes Buch ist 'Das goldene Schlüsselchen oder die Abenteuer des Burattino', seine Nacherzählung des italienischen Kinderbuchklassikers 'Pinocchio'. Während des Ersten Weltkrieges ist er als Kriegsberichterstatter in England und Frankreich unterwegs und schreibt Berichte und Reportagen über seinen Erlebnisse. Er gilt als einer der ersten Science-Fiction-Autoren seiner Sprache.

6.


Bis zur An­kunft des Po­li­zei­hun­des be­gann Schel­ga, das Som­mer­häus­chen, vom Dach­bo­den an­ge­fan­gen, zu durch­su­chen.

Über­all lag Mist her­um, zer­bro­che­nes Glas, Ta­pe­ten­fet­zen. Die Fens­ter wa­ren von Spinn­we­ben durch­zo­gen, in den Zim­me­r­e­cken gab es so­gar jun­ge Schwäm­me, die aus dem Bo­den spros­sen. Das Som­mer­haus war schein­bar noch vom Jah­re 1918 her ver­las­sen. In jüngs­ter Zeit be­wohnt er­wie­sen sich nur die Kü­che und das Zim­mer mit dem ei­ser­nen Bett.

Hier hat man zwei­fel­los nicht ge­wohnt, son­dern man ist nur her­ge­kom­men, um et­was zu tun, was man ver­ste­cken, ver­heim­li­chen muss­te. Dies war der ers­te Ein­druck, den Schel­ga von die­ser Durch­su­chung ge­won­nen hat­te. Die Durch­su­chung der Kü­che zeig­te, dass man sich hier schein­bar mit ir­gend­wel­chen che­mi­schen Ex­pe­ri­men­ten be­fasst hat­te. Schel­ga fand in den Zink­kis­ten eine große Men­ge von Holz­koh­le, Schwe­fel und Alu­mi­ni­um­pul­ver, Ei­sen­oxyd, Na­tri­um, gel­ben Phos­phor. Ei­ni­ge Sub­stan­zen konn­te er nicht fest­stel­len. Wäh­rend er die Aschen­häuf­chen über­prüf­te, die auf dem Herd la­gen, wo schein­bar die­se che­mi­schen Ex­pe­ri­men­te durch­ge­führt wor­den wa­ren, blät­ter­te er ein paar Hef­te über an­or­ga­ni­sche Che­mie durch, de­ren ver­schie­de­ne Sei­ten ein­ge­bo­gen wa­ren, – konn­te er eine zwei­te Tat­sa­che fest­stel­len: Der Er­mor­de­te hat­te sich durch­aus mit harm­lo­sen py­ro­tech­ni­schen Ex­pe­ri­men­ten be­schäf­tigt. Schel­ga wur­de ver­le­gen. Noch ein­mal durch­such­te er die Klei­der des Er­mor­de­ten, aber er konn­te nichts Neu­es ent­de­cken. Dann über­leg­te er die gan­ze Sa­che von ei­nem an­de­ren Stand­punkt aus: die Fuß­spu­ren un­ter den Fens­tern be­wie­sen, dass die bei­den Mör­der, die Au­ßen­trep­pe um­ge­hend, durch das Zim­mer ein­ge­drun­gen wa­ren, wo sie doch zwei­fel­los ris­kie­ren muss­ten, auf Wi­der­stand zu sto­ßen, da der Mann in dem Som­mer­häus­chen den Lärm des For­trei­ßens der Fens­ter­lä­den doch un­mög­lich über­hö­ren konn­te.

Daraus ging her­vor, dass es den Mör­dern dar­um zu tun war, et­was ganz be­son­ders Wich­ti­ges in die Hän­de zu be­kom­men – oder den Mann im Som­mer­haus um je­den Preis zu tö­ten.

Fer­ner: nimmt man an, sie woll­ten ihn aber ein­fach nur tö­ten, so wäre die gan­ze Sa­che viel leich­ter an­zu­le­gen ge­we­sen, man hät­te ihm z. B. nur auf dem Wege ins Som­mer­häus­chen auf­lau­ern brau­chen, ohne Lärm und Wi­der­stand zu ris­kie­ren. Zwei­tens be­wies die Lage, in der der Er­mor­de­te auf­ge­fun­den wor­den war, dass man ihn ge­fol­tert hat­te. Man hat­te ihn mit ei­ner Zi­gar­re an­ge­brannt, die Hän­de aus den Ge­len­ken ge­renkt, auch er­sto­chen wur­de er nicht so­fort, man brach­te ihm vie­le Stich­wun­den bei. Die Mör­der hat­ten also von ihm schein­bar et­was er­fah­ren wol­len, was er ih­nen nicht sa­gen woll­te.

Was aber woll­ten sie von ihm er­zwin­gen? Geld? Es ist schwer an­zu­neh­men, dass ein Mensch, der sich nachts in ein so ver­las­se­nes Haus im Wal­de be­gibt, viel Geld bei sich trägt. Eher wäre denk­bar, die Mör­der woll­ten ihm ir­gend ein Ge­heim­nis ab­rin­gen, das mit der nächt­li­chen Tä­tig­keit des Er­mor­de­ten ir­gend­wie in Zu­sam­men­hang stand.

Aus die­sem Grun­de ent­schloss sich Schel­ga, noch­mals die Kü­che gründ­lich zu durch­su­chen. Er rück­te die Kas­ten von der Mau­er weg und ent­deck­te eine große, qua­dra­ti­sche Kel­ler­lu­ke, wie man sie in Som­mer­häus­chen oft di­rekt un­ter der Kü­che ein­zu­rich­ten pflegt. Ta­rasch­kin zün­de­te einen Ker­zen­stum­mel an und leg­te sich auf den Bauch, um die­sen Kel­ler­raum zu be­leuch­ten, wo­hin Schel­ga vor­sich­tig über eine mor­sche Trep­pe ge­kro­chen war.

»Kom­men Sie mit der Ker­ze her­un­ter«, sag­te Schel­ga, »hier hat er sein wirk­li­ches La­bo­ra­to­ri­um ge­habt.«

Das Keller­ge­schoss nahm un­ge­fähr den gan­zen Raum un­ter dem Som­mer­häus­chen ein. An den Zie­gel­wän­den stan­den auf Bö­cken, mit Bret­tern, im­pro­vi­siert ei­ni­ge Ti­sche, Gas­bal­lons, ein klei­ner Mo­tor mit Dy­na­mo, Glas­bä­der, wie man sie in der Elek­tro­ly­se zu ver­wen­den pflegt, Schlos­ser­in­stru­men­te und auf al­len Ti­schen – Aschen­häuf­chen. Un­ter dem Pla­fond hing eine große Pe­tro­le­um­lam­pe.

»Hier ha­ben sie ge­ar­bei­tet!« sag­te Schel­ga, mit ei­nem ge­wis­sen Un­ver­ständ­nis di­cke Holz­bar­ren und Ei­sen­plat­ten be­trach­tend, die an der einen Kel­ler­wand auf­ge­stellt wa­ren. Die­se Bar­ren und Plat­ten wa­ren an ver­schie­de­nen Stel­len durch­bohrt, man­che so­gar in zwei Tei­le zer­schnit­ten, die Schnitt- und Bohr­stel­len schie­nen ein we­nig an­ge­brannt zu sein.

In ei­nem auf­recht ste­hen­den Ei­chen­brett war der Durch­mes­ser der durch­bohr­ten Stel­le ein Zehn­tel Mil­li­me­ter stark, als hät­te man das Brett mit ei­ner dün­nen Na­del durch­bohrt. In der Mit­te des Bret­tes war in al­trus­si­scher Schrift mit großen Buch­sta­ben durch sol­che Bohr­sti­che ge­zeich­net:

P. P. GARIN

Schel­ga dreh­te das Brett um: auf der rück­wär­ti­gen Sei­te sah er den voll­kom­me­nen Durch­stich die­ser Buch­sta­ben: mit ir­gend ei­nem un­be­greif­li­chen In­stru­ment war das über drei Zoll di­cke Ei­chen­brett durch­sto­chen – oder durch­ge­brannt wor­den.

»Teu­fel noch ’mal«, fauch­te Schel­ga, »nein, P. P. Ga­rin hat sich hier nicht mit Py­ro­tech­nik be­schäf­tigt!«

»Und was soll das sein, Was­si­lij Vi­tal­je­witsch?« frag­te Ta­rasch­kin und wies auf ein un­ge­fähr an­dert­halb Zoll ho­hes Koh­len­py­ra­mid­chen, das aus ir­gend ei­nem Ma­te­ri­al ge­presst zu sein schi­en.

»Wo ha­ben Sie das ge­fun­den?«

»Hier ha­ben sie eine vol­le Kis­te mit sol­chen Din­gen!«

Nach­dem Schel­ga das Py­ra­mid­chen in den Hän­den her­um­ge­dreht und dar­an ge­ro­chen hat­te, stell­te er es an den Rand des Ti­sches, steck­te von der Sei­te ein an­ge­zün­de­tes Streich­holz hin­ein und zog sich in die ent­fern­tes­te Ecke des Kel­lers zu­rück. Das Streich­hölz­chen brann­te bis zu Ende, dann lo­der­te das Py­ra­mid­chen in blen­dend weiß-blau­em Lich­te auf, brann­te fünf Mi­nu­ten und ei­ni­ge Se­kun­den, ohne Ruß, fast ge­ruch­los.

»Ich emp­feh­le, sol­che Ex­pe­ri­men­te nicht zu wie­der­ho­len«, sag­te Schel­ga. »Ers­tens könn­ten sich sol­che Py­ra­mid­chen als stark ex­plo­si­bel oder gar als Gas­ker­zen er­wei­sen. In die­sem Fal­le wür­den wir den Kel­ler schwer­lich noch ein­mal ver­las­sen kön­nen. Sehr gut – also, was ha­ben wir er­fah­ren? Ver­su­chen wir, das fest­zu­hal­ten: ers­tens, bei die­sem Mord han­delt es sich we­der um Ra­che, noch um Raub. Zwei­tens stel­len wir den Fa­mi­li­enna­men des Er­mor­de­ten fest: P. P. Ga­rin. Das ist bis jetzt al­les. Sie wol­len er­wi­dern, Ge­nos­se Ta­rasch­kin, dass P. P. Ga­rin viel­leicht der­je­ni­ge ist, der...