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»Vorsicht, der kracht in uns rein!!!«, schrie ich und duckte mich hinter den Beifahrersitz. Mein Herz schlug bis zum Hals, und ich ließ mein nur fünfzehn Jahre kurzes Leben Revue passieren, weil wir hier vermutlich gleich das Zeitliche segnen würden. Ich hatte vorher nochnie erlebt, dass Papa dermaßen halsbrecherisch Auto fuhr! Und dann riss er auch noch das Lenkrad urplötzlich nach links, so dass ich trotz meines Gurtes gegen die Tür flog.
»Au! Papa!!!«
»Hey, das war cool, fast wie inThe Fast and the Furious. Du bist nur auf zwei Rädern um die Kurve«, rief mein großer Bruder Mats begeistert und deutete nach vorne. »Schau mal, und den da überholst du auch noch locker.«
Doch mein Vater setzte den Blinker und fuhr einen Hauch weniger schwungvoll von der Stadtautobahn ab, in Richtung Flughafenterminal. Trotzdem begannen meine Eingeweide, sich verräterisch zu verknoten.
»Mir ist schlecht«, sagte ich von hinten und hielt mir den Bauch.
»Setz dich in die Mitte und schau nach vorne, wir sind ja gleich da«, sagte Papa und warf mir über den Rückspiegel einen prüfenden Blick zu. Er kannte mich und meinen nervösen Magen nur zu gut, und tatsächlich wurde er ein bisschen langsamer und nahm die Kurven nicht mehr ganz so eng. Ich hatte ihm schon zu viele Autopolster ruiniert.
Zum Glück kamen wir im Parkhaus an, bevor Schlimmeres passierte, und Papa hielt auf einem Kurzzeitparkplatz.
»Blöd, dass es hier so voll ist, ausgerechnet heute. Egal, wir laufen durch die Abflughalle und dann erst die Treppe rauf zum Ankunftsbereich, das geht schneller!«, sagte er und warf einen entsetzten Blick auf seine Armbanduhr, während wir aus dem Auto sprangen. »Mist, die müssten schon gelandet sein.« Dann rannte er los, Mats und ich hinterher.
»Nur weil du unbedingt noch eine Runde spielen wolltest!«, meckerte Mats, der mit mir Seite an Seite zwischen den Autoreihen hindurchjoggte.
»Ich?Du wolltest doch immer weitermachen! Oder wer hat die ganze Zeit gesagt:Ey, ich kann jetzt nicht aufhören, ich hab ’ne Strähne?«
Papa war vor uns hinter den Glasschiebetüren verschwunden, die ins Terminal führten. Wir rannten hinterher, zwischen parkenden Autos und Absperrpollern hindurch.
»Vorsicht!!!« Ich konnte gerade noch einen Haken schlagen und der Familie mit den vollgepackten Gepäckwägen ausweichen, die urplötzlich aus dem Nichts erschienen war. Doch Mats konnte leider nicht schnell genug anhalten, er versuchte noch, einen Bocksprung über den Rollwagen zu machen, aber – zu spät.
»Was soll das?«, rief die Frau, die panisch ihre beiden Kleinkinder an den Händen grapschte und vom Wagen wegzog.
»’tschuldigung, ehrlich!«, rief Mats, denn er hatte die Beine trotz seiner Sportlichkeit nicht rechtzeitig nach oben ziehen können. Den kompletten Wagen hatte er abgeräumt, alle Taschen fielen zu Boden und purzelten durcheinander.
»Sorry, sorry, sorry!«, rief er entschuldigend, rappelte sich sofort wieder auf, packte meine Hand und zog mich weiter.
»Wir müssen denen helfen!«, protestierte ich.
»Wir müssen vor allem die Zwillinge abholen, sonst macht Bea uns einen Kopf kürzer! Wenn maneinmal ein bisschen Glück braucht … jetzt tu was, Lina! Du behauptest doch immer, du kannst Wünsche erfüllen. Also los – ich wünsche mir, dass dieser verdammte Flug sich verspätet hat!«
»Haha!«, presste ich verbissen hervor.
Dass ich das mit dem Glückbringen ernsthaft behauptet hatte, war schon einige Jahre her, in einem Alter, in dem andere an Glitzereinhörner und Drachen glauben. Aber Mats nutzte jede Gelegenheit, mich damit aufzuziehen.
Allerdings – ab und zu klappte es tatsächlich. Ungefähr einmal im Jahr, und natürlich war das reiner Zufall. Aber was hatte ich hier zu verlieren?
Wir waren mittlerweile im Terminal angekommen. Wir mussten leider au