4.Lev
Von Frieden kann bei Lev keine Rede sein.
Wieder ist er in den Wipfeln der Bäume unterwegs, zu nachtschlafender Zeit, auch wenn der Wald hellwach zu sein scheint. Das Blätterdach breitet sich im blauen Flutlicht des Mondes vor ihm aus wie ein aquamarinfarbenes Wolkenmeer.
Er folgt wieder dem Kinkajou, dem Wickelbären, einem affenartigen Wesen mit riesigen Augen. Total süß, aber richtig gefährlich. Lev weiß jetzt, dass er seinem eigenen Tiergeist nachjagt. Der Wickelbär springt vor ihm her über die höchsten Äste des dichten Regenwalds und lockt Lev, etwas zu folgen, das sein Schicksal sein könnte, wenn auch nicht so unabänderlich und unentrinnbar wie das Schicksal. Eher etwas, das er wahr machenkönnte.
Er träumt oft von dem Wickelbären und seiner Verfolgungsjagd durch den Wald. Der Wald ist für ihn ein schicksalhafter Schutzraum, der ihn nährt und stärkt. Er ruft ihm in Erinnerung, dass hinter seinem schmerzvollen Tun ein erstrebenswertes Ziel steht.
Die Träume sind erstaunlich lebendig, und er erinnert sich hinterher jedes Mal daran. Das ist an und für sich schon ein Geschenk, für das er dankbar ist. Nicht nur die Leuchtkraft dessen, was er sieht, macht diese Träume so lebendig, dass er sie geradezu mit den Händen greifen kann, sondern auch das Zirpen, Kreischen und Singen der Nachtlebewesen um ihn herum. Der Duft der Bäume und des Bodens tief unter ihm, so erdig und gleichzeitig überirdisch. Die Zweige, die seine Hände, Füße, den Schwanz streifen. Ja, den Schwanz, denn er hat den Wickelbären jetzt eingeholt. Er hat sich in seinen Tiergeist v