Blood Mountain, Washington-Territorium, vier Jahre zuvor
Von den Flanken des Blutbergs, dessen weißer Gipfel für Tianauwas Begriffe unermesslich hoch in den Himmel ragte, floss das Wasser in Strömen. Die Indianerin stand mit ihrem kleinen Sohn Tanake am Fluss und sah den Stämmen zu, die es aus dem Erdreich gerissen hatte. Sie war den weiten Weg vom Lager heraufgelaufen, um mit eigenen Augen zu sehen, wovon ihre Stammesbrüder berichtet hatten.
»Tianauwa«, sagte der Junge und zog ein ernstes Gesicht. »Wie viele Monde dürfen wir noch in Frieden leben? Der Fluss wird unsere Zelte verschlingen.«
Auf diese Frage hatte auch Tianauwa keine Antwort.
Sie hatte das geräucherte Elchfleisch vom Haken geholt, als die Kanus der Älteren vom Fluss herübergekommen waren. Die Männer hatten Tianauwa aus dem Haus gejagt und danach bis zum Sonnenuntergang gestritten. Der Häuptling hatte mit scharfer Stimme für Ruhe sorgen müssen.
Rasch hatte es Gerüchte im Dorf gegeben.
Die Weißen hätten vier Stämme oben am Runden Fluss getötet, hatte eine der Älteren Tianauwa weismachen wollen, bei lebendigem Leib seien alle verbrannt. Eine andere Frau hatte Tianauwa am Rock in ihr Haus gezogen und sie beschworen, sich in den kommenden Nächten nicht ans Flussufer zu wagen. Das ganze Dorf hatte gezittert vor Angst.
»Ich weiß nicht«, sagte Tianauwa und strich ihrem Jungen über den Kopf. Er war ein Flachhäupter wie sie selbst und hatte das Ritual gut überstanden. »Uns wird nichts geschehen, Tanake. Du musst mutig sein.«
Aus dem Fluss schwemmte es einen querliegenden Stamm an, der sich zwischen den Ufersteinen verkeilte und das Wasser anstaute. Sie hatten den ganzen Sommer über keine Lachse gesehen, und es war nicht zu erwarten, dass der Winter etwas daran ändern würde.
»Ich bin mutig«, versicherte Tanake und schwenkte den Wurfspeer, den ihm jemand im Dorf geschnitzt hatte. Er war fast so groß wie Tanake selbst. »Du musst dich nicht um mich sorgen, Mutter.«
Erst mit dem Häuptling war die Ruhe ins Dorf zurückgekehrt, obwohl seine Worte alles andere als beruhigend klangen. Er hatte auf den Holzstufen vor dem Haus gestanden und mit müden Augen auf die Gemeinschaft geschaut. Die Frauen neben Tianauwa hatten sich ängstlich bei den Händen ergriffen, während er zu ihnen geredet hat.
»Brüder und Schwestern«, hatte Häuptling Axaxo gesagt. »Die Weißen nördlich unseres Flusses sind zahlreich geworden. Sie jagen nach unseren Elchen, sie verzehren unseren Fisch, sie fällen unsere Bäume.«
Unter den Versammelten war es sti