DO WHAT YOU LOVE
In welchem Job kann ich mich am besten selbst verwirklichen? Wie kann ich meine Leidenschaft zum Beruf machen? Das sind historisch betrachtet sehr neue Fragen, die bisher bei der Berufswahl nur eine nachgeordnete Rolle gespielt haben. In unserer Zeit lautet das Mantra hingegen „Do what you love“ – du kannst alles erreichen, wenn du nur deiner Leidenschaft nachgehst, hart dafür arbeitest und fest an dich glaubst. Dieser bekannte Mythos des American Dream dient heute jungen Menschen als Motivation. Die Social-Media-Kanäle sind voll von Sprüchen von Unternehmer*innen, die ihren Erfolg darauf zurückführen, stets die eigene Passion beruflich verfolgt zu haben.
Auf den ersten Blick ist daran auch nichts auszusetzen, denn es lässt uns darüber nachdenken, was uns Freude bereitet und gleichzeitig daraus einen wirtschaftlichen Nutzen generieren. Aber warum sollten wir unsere Leidenschaft eigentlich gegen Geld eintauschen und zu einer Pflicht machen? Liegt das Vergnügen an unseren Hobbys nicht auch darin, dass sie spielerisch und gerade eben nicht zweckgerichtet betrieben werden, und wir uns mit ihnen freiwillig in unserer Freizeit zur Erholung beschäftigen? Natürlich, ein großer Teil der Lebenszeit wird im Berufsleben verbracht und wir würden uns wohler fühlen, wenn wir die dortigen Tätigkeiten schätzen könnten oder zumindest nicht verachten.
Allerdings ist „Do what you love“ ein verkleideter, versteckter Elitismus, denn wer kann es sich schon leisten, stets seiner Leidenschaft nachzugehen? Ein junger Mann, dessen Eltern sein Studium an der Privatuniversität sowie die Unterkunft bezahlen, wahrscheinlich schon. Eine alleinerziehende Mutter, die sich ohne Unterstützung um die Versorgung ihrer Familie kümmern muss, wahrscheinlich nicht. Die Hingabe zum Beruf wird in privilegierten Kreisen zur noblen Geste der Selbstoptimierung. Demnach ist Arbeit nicht primär etwas, das man gegen Geld tauscht, sondern ein Akt der Selbstverwirklichung. Das Selbst wird über den Beruf erst wirklich legitimiert. Ich arbeite nicht als Grafikdesignerin, ichbin Grafikdesignerin.
Besonders in den USA ist die eigene Identität sehr stark mit dem Beruf verknüpft. Man möchte sich nicht mit jemandem identifizieren, der für acht Stunden eincheckt, um die Miete bezahlen zu können. Was in der amerikanischen Kultur schon lange etabliert ist, hält auch in unseren Breiten immer stärker Einzug. Hier ist das Ideal der Selbstverwir