: Thomas Lang, Sylvia Helbig-Lang, Dorte Westphal, Andrew T. Gloster, Hans-Ulrich Wittchen
: Expositionsbasierte Therapie der Panikstörung mit Agoraphobie Ein Behandlungsmanual
: Hogrefe Verlag GmbH& Co. KG
: 9783840928673
: 2
: CHF 31.80
:
: Psychologie
: German
: 208
: Wasserzeichen/DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: PDF
Die Wirksamkeit von kognitiv-verhaltenstherapeuti chen Programmen bei Panikstörung und Agoraphobie wurde vielfach nachgewiesen. Eine der effektivsten Interventionsstrategien stellt die Exposition dar. In der therapeutischen Praxis gestaltet sich die Durchführung von Expositionsübungen jedoch häufig schwierig. Das vorliegende Manual zur Behandlung der Panikstörung und Agoraphobie stellt die Expositionskomponente in den Mittelpunkt der Therapie und beschreibt zwei Anwendungsvarianten der Exposition: Mit Therapeutenbegleitung in der Situation oder mit ausführlicher Vor- und Nachbereitung von Expositionsübungen ohne explizite Therapeutenbegleitung. In der Neuauflage des Manuals wurden die Veränderungen in den diagnostischen Kriterien für Panikstörung und Agoraphobie ebenso berücksichtigt wie der aktuelle Diskussionsstand zu den Wirkmechanismen der Expositionsbehandlung. Nach einer Beschreibung der Störungsbilder und des diagnostischen Vorgehens werden die 12 Sitzungen des Therapieprogrammes umfassend dargestellt. Zunächst werden im Rahmen der Psychoedukation die individuellen Entstehungs- und Aufrechterhaltungsbedingungen der Störung erarbeitet. Mithilfe strukturierter Therapiematerialien wird der Patient dann an die Expositionsdurchführung herangeführt. Im ersten Schritt werden interozeptive Expositionsübungen zur Reduktion der Angst vor Körpersymptomen gemeinsam durchgeführt, bevor im zweiten Schritt Übungen zur Reduktion der Angst in Situationen umgesetzt werden. Zur Durchführung der In-vivo-Exposition stehen Expositionsprotokolle zur Verfügung, die der Übungsbesprechung und Hausaufgabendurchführung dienen. Ausführlich wird auch auf den Umgang mit Problemen bei der Durchführung der Übungen eingegangen. Die zahlreichen Arbeitsmaterialien liegen auf einer CD-ROM vor. Die Wirksamkeit des Behandlungsprogramms wurde in einer der bisher größten Behandlungsstudien für Panikstörung und Agoraphobie evaluiert; für beide Expositionsvarianten konnte eine hohe Wirksamkeit gezeigt werden.

|25|Kapitel 2
Störungsmodelle


2.1 Biologische Modelle


Die Anerkennung der Panikstörung als eigenständiges Störungsbild geht auf Arbeiten von Donald F. Klein zurück. Er beobachtete, dass Angststörungen, die mit Panikattacken einhergehen, auf eine Behandlung mit Imipramin ansprechen, während das bei Angststörungen ohne Paniksymptome nicht der Fall ist (Klein, 1964). Klein schloss daraus, dass Panikattacken und nicht panikbezogener Angst verschiedene pathogene Prozesse zugrunde liegen. Die Panikstörung wurde als genetisch vermittelte, neurochemische Störung konzipiert, die zu plötzlichen und episodisch auftretenden Erregungsanstiegen führt. Die von Klein postulierte Unterscheidung wurde in weiterführenden Arbeiten zur Differenzierung von „fear“ und „anxiety“ ausgebaut, die viel zum heutigen Verständnis von Angststörungen beigetragen hat (vgl.Barlow, 2002). Als Alternative zu biologisch determinierten respiratorischen Auffälligkeiten formuliertenGoldstein und Chambless (1978) die Theorie der „interozeptiven Konditionierung“, nach der Unregelmäßigkeiten in der Atmung durch klassische Konditionierungsprozesse mit Angst gekoppelt werden.

Klein erweiterte seine Überlegungen später zur sogenannten„False suffocation alarm“-Theorie (Klein, 1993). Diese Theorie geht davon aus, dass zumindest einige Panikattacken durch ein im Gehirn lokalisiertes Monitoring-System ausgelöst werden, das fälschlicherweise einen Mangel an Sauerstoff meldet und dadurch eine Reaktionskaskade auslöst, die zu Hyperventilation, Panik und einer Fluchtreaktion führt. Hyperventilation, die zumindest bei einigen Panikpatienten beobachtet werden kann, wird dabei als eine kompensatorische Reaktion auf den vermuteten Sauerstoffmangel angesehen. Die Ursache der Fehlalarme vermutete Klein dabei in einer Übersensitivität für einen ansteigenden Kohlendioxid-Gehalt im Blut.

Der Vorschlag von Klein regte eine Reihe von Forschungsarbeiten an, die jedoch die Annahmen der Theorie eher infrage stellten als sie stützten. Panikprovokationsstudien zeigten beispielsweise übereinstimmend, dass provozierte Panikattacken nicht spezifisch für Patienten mit Panikstörung waren, wie es die Annahme einer zugrunde liegenden biologischen Dysfunktion bei Panikstörung nahelegen würde. Auch die Annahme einer Fehlregulation des Atmungssystems wurde verschiedentlich infrage gestellt. Respiratorische Symptome treten bei Patienten mit Panikstörung zwar häufig und sehr intensiv auf, sie sind jedoch nicht spezifisch. Im Vergleich von Patienten mit Panikstörung und Personen mit nicht klinischen Panikattacken trennten beispielsweise kognitive Symptome, wie Angst zu sterben, die Gruppen deutlich besser als respiratorische Symptome (Vickers& McNally, 2005).

Auch wenn die Annahmen der Theorie heute als weitgehend falsifiziert zu betrachten sind, sind die Arbeiten von Klein als wesentliche Forschungsimpulse zu würdigen. Klein begründete darüber hinaus die amerikanische Sichtweise der Agoraphobie als eine Folgeerscheinung der Panikstörung und bestimmte so erheblich die diagnostische Einordnung der Agoraphobie im DSM, die erst kürzlich revidiert wurde (vgl.Kapitel 1). Er formulierte, dass Personen, die wiederholt unter plötzlichen Panikattacken leiden, Erwartungsangst vor den Attacken entwickeln, auf die wiederum mit Vermeidung reagiert wird.

Neuere biologische Modelle gehen davon aus, dass der Entstehung von Panikstörungen neuroanatomische Auffälligkeiten zugrunde liegen. Ein spezifisches Modell ist dabei dieneuroanatomische Theorie der Panikstörung vonGorman (Gorman, Kent, Sullivan& Coplan, 2000). Die Theorie geht davon aus, dass Patienten mit Panikstörung vermutlich genetisch bedingt eine geringere Schwelle zur Aktivierung des|26|sogenannten Furchtnetzwerks aufweisen und daher Fehlalarme im Furchtzentrum des Gehirns ausgelöst werden, die dann eine autonome Aktivierung, u. a. einen Anstieg der Atem- und Herzfrequenz, des Blutdrucks und der Muskelspannung nach sich ziehen. Das Furchtnetzwerk umfasst dabei neben der Amygdala, Bereiche des präfrontalen Kortex, der Insula und den Thalamus, sowie Leitungsbahnen zum Hirnstamm und zum Hypothalamus. Evidenz für diese Annahmen stammt v. a. aus Bildgebungsstudien, die zeigen konnten, dass während des Furchtlernens die entsprechenden Hirnareale aktiviert werden (z. B.Frederikson, Wik, Fischer& Anderson, 1995).

Die neuroanatomische Theorie nimmt an, dass die weitere Störungsentwicklung auf Konditionierungsprozessen beruht. Demnach werden Informationen aus bedrohlich erlebten Situationen (z. B. der erste Panikanfall) im Hippocampus gespeichert, der wiederum

Expositionsbasierte Therapie der Panikstörung mit Agoraphobie1
Inhaltsverzeichnis7
Vorwort11
Vorwort zur 2. Auflage13
Kapitel 1: Beschreibung des Störungsbildes17
Kapitel 2: Störungsmodelle27
Kapitel 3: Stand der Psychotherapieforschung36
Kapitel 4: Diagnostik45
Kapitel 5: Aufbau des Manuals und Behandlungslogik50
Kapitel 6: Evaluation59
Sitzung 165
Sitzung 281
Sitzung 388
Sitzung 4101
Sitzung 5112
Expositionssitzungen (Sitzung 6 bis 8 sowie 10 und 11)125
Beispielsitzung 6 – unbegleitete Exposition135
Beispielsitzung 10 – begleitete Exposition139
Sitzung 9141
Sitzung 12148
Auffrischungssitzungen156
Literatur160
Anhang165
Übersicht u?ber die Materialien auf der CD-ROM165
CD-ROM166