: Marion Guerrero
: Alpha
: Edition Atelier
: 9783990650011
: 1
: CHF 17.00
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 344
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Erik Jäger ist ein blendender Selbstdarsteller, ein Meister der Manipulation, der Menschen emotionslos danach beurteilt, ob sie ihm nützlich sein könnten oder nicht. Sowohl seine Beziehungen als auch seine Karriere in der Politik baut er erfolgreich auf Täuschungen, Intrigen und Erpressung auf. Obwohl er selbst keinen politischen Standpunkt hat, reizt ihn das Spiel mit der Macht. Alles scheint ihm leicht von der Hand zu gehen, die Pokernächte mit seinen Förderern, der Familienbesuch mit der Freundin ... bis ihm die Tochter seines Chefs unvermittelt in die Quere kommt. Marion Guerrero präsentiert einen Alptraum der Oberflächlichkeiten und verpasst dem männlichen Dominanz- und Alphadenken eine gekonnte Ohrfeige

Marion Guerrero, geb. 1980 in Wien. Aufgewachsen in Bogotá, Albany (New York), Wien und in einem kleinen bayerischen Dorf. Studium der Rechtswissenschaften in Wien, New York und Florenz, Aufenthalte in Berkeley und Tel Aviv. Fulbright-Stipendiatin. Arbeitete u.a. für die Columbia University Law School (New York), den Israelischen Verfassungsgerichtshof (Jerusalem), die Universität Wien und das österreichische Frauenministerium. Journalistische und wissenschaftliche Publikationen. Schreibt auch Theaterstücke, Kurzgeschichten und Prosa.

II


Maras Flugzeug hatte Verspätung. Ich überlegte, ob ich ihr Blumen kaufen sollte, oder Schokolade oder irgendein Kuscheltier (ich musste grinsen beim Gedanken, ihr eine Stoffkatze zu schenken), aber dann entschied ich mich dagegen. Wenn ich ihr wie ein verliebter Dackel den Hof machte, glaubte sie am Ende, ich würde ihr das Skype-Fiasko durchgehen lassen.

Die Schiebetür öffnete sich, und Mara kam heraus; irgendein Typ redete auf sie ein, er war groß und verkrampft jugendlich gestylt, aber seine Stoppelglatze täuschte nicht über seinen Haarausfall hinweg. Ein Poser. Mara lachte; sie schaute ihn an mit ihrem intensiven Blick, der die Umgebung um dich herum ausblendet und dich in den Mittelpunkt des Raums schiebt, als wäre alles außerhalb deiner Silhouette weggephotoshopt. Sogar die Geräusche sind gedämpfter. So hatte sie früher mich angeschaut.

Ich musste Mara am Arm festhalten, sonst wäre sie glatt an mir vorbeigerannt. Sie riss den Blick von Loverboy los, als würde sie ein Pflaster abziehen, und schaute mich erst überrascht, dann schuldbewusst und schließlich ärgerlich an.