: Horst Möller
: Die Weimarer Republik Demokratie in der Krise
: Piper Verlag
: 9783492990493
: 1
: CHF 12.00
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: 20. Jahrhundert (bis 1945)
: German
: 464
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die erste deutsche Republik, 1918 nach dem Ende des Ersten Weltkrieges ausgerufen, stand von Beginn an unter keinem guten Stern. Die Erfahrung der Niederlage und die harten Bestimmungen des Versailler Friedensvertrages waren eine schwere Hypothek. Links- wie rechtsradikale Strömungen untergruben das Vertrauen in den demokratischen Staat ebenso wie Inflation und Arbeitslosigkeit. Anschaulich schildert Horst Möller Politik, Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur der Weimarer Republik. Er zeigt, dass die Erwartungen an den neuen Staat wohl zu hochgesteckt waren, die junge Demokratie jedoch erheblich mehr leistete, als unter den extremen Bedingungen der Zeit zu erwarten war. Für die Neuveröffentlichung wurde dieses Standardwerk komplett überarbeitet, deutlich erweitert und spiegelt den aktuellen Stand der Forschung wider.

Horst Möller, Professor Dr. phil., geboren 1943 in Breslau, gilt als einer der führenden Historiker in Deutschland. Fast zwei Jahrzehnte leitete er das Institut für Zeitgeschichte München-Berlin. Zu seinen wichtigsten Veröffentlichungen zählen 'Fürstenstaat oder Bürgernation. Deutschland 1763 - 1815', 'Europa zwischen den Weltkriegen' und 'Franz Josef Strauß. Herrscher und Rebell'.

II.Reichskanzler und Außenminister 1923 – 1929


Gustav Stresemann und der Vernunftrepublikanismus in der Weimarer Republik


Und wie verhielt es sich mit den Reichskanzlern? Zwischen 1919 und 1930 hatte die Weimarer Republik neun Reichskanzler, die mit parlamentarischem Rückhalt im Amt waren oder es zumindest versuchten. Unter ihnen war nur ein überragender Staatsmann, Gustav Stresemann. Unter den anderen Regierungschefs waren zweifellos ehrenwerte Politiker wie die Sozialdemokraten Philipp Scheidemann, der erste Regierungschef 1919, und Hermann Müller, der letzte Kanzler, der 1928 bis 1930 über eine Mehrheit im Reichstag verfügte und schon 1920 einmal regiert hatte. Und Achtung verdienen auch die zur Zentrumspartei zählenden Reichskanzler Konstantin Fehrenbach (1920), Joseph Wirth (1921) sowie 1923/24 und 1926/27 Wilhelm Marx, zweifellos der stärkste unter diesen dreien.[121] Der politisch fähigste unter den beiden parteilosen Reichskanzlern Wilhelm Cuno (1922/23) und Hans Luther (1925/26) war zweifellos Luther, der zeitweilig Reichsbankpräsident beziehungsweise Oberbürgermeister von Essen war. Allein die große Zahl von neun Reichskanzlern in nur elf Jahren, die dieses Amt überdies in mehreren wechselnden Koalitionen innehatten, zeigt die Instabilität der Weimarer Reichsregierungen.

In den knapp drei Jahren vom 30. März 1930 bis zur Ernennung Hitlers am 30. Januar 1933 amtierten drei Reichskanzler, die nicht mehr zur parlamentarischen Mehrheitsbildung im Reichstag in der Lage waren und nur noch vom Vertrauen des Reichspräsidenten von Hindenburg abhingen. Doch sind diese Präsidialkabinette des Zentrumspolitikers Heinrich Brüning, der mit zeitweiliger Tolerierung durch dieSPD sogar zwei Jahre und drei Monate Reichskanzler blieb sowie seiner nur kurzzeitig amtierenden Nachfolger Franz von Papen und General Kurt von Schleicher sehr unterschiedlich, obwohl sie insgesamt die Auflösung der Weimarer Demokratie repräsentieren.

Ursachen der Instabilitäten der Reichsregierungen vor 1930 waren kaum oder doch nur begrenzt die einzelnen Amtsträger, sondern die fragilen Koalitionsbildungen der Parteien, die ihrerseits Spiegelbild der schweren ökonomischen und gesellschaftlichen Probleme der Republik waren. Selbst der mit Abstand bedeutendste Reichskanzler, Gustav Stresemann, übte das Amt 1923 zwei Mal insgesamt nur wenige Monate aus. Allerdings war er der einzige Regierungschef, der einer vergleichsweise kleinen Koalitionspartei, der rechtsliberalenDVP, entstammte. Doch war er ohne Zweifel einer der bedeutendsten deutschen Staatsmänner des 20. Jahrhunderts und neben Friedrich Ebert die größte Hoffnung der Weimarer Republik. Obwohl er als Reichskanzler nur kurz agierte, verkörperte er doch zwischen 1923 und 1929 als Außenminister in wechselnden Kabinetten ununterbrochen die Kontinuität der Weimarer Außenpoli