: Richard Arnold Bermann
: Die Derwischtrommel
: Books on Demand
: 9783752892031
: 1
: CHF 1.60
:
: Biographien, Autobiographien
: German
: 330
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ende des 19. Jahrhunderts wird der Sudan von der Kolonialmacht Ägypten beherrscht. Von 1881 und 1899 kommt es zu einer Rebellion gegen die Besatzer, bekannt als der Mahdi-Aufstand. Der Aufstand wird angeführt von Muhammed Ahmad, der sich zum Mahdi erklärt hatte. »Die Derwischtrommel« von Arnold Bermann aus dem Jahr 1931 ist eine spannend geschriebene Biographie des Rebellenführers. Für seine Recherchen bereiste Bermann den Sudan und besuchte die Originalschauplätze. »Die Derwischtrommel« erzählt auch von dem Abenteuer, das eine Sudanreise in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts noch bedeutete.

Aus den Notizen des Reisenden


Khartum, den 10. Januar 1929.

Die Veranda des Grand Hotels ist jetzt, so bald nach dem Lunch, noch menschenleer. Zu heiß noch im Freien. Hierher entwische ich dem Touristengeschwätz in der Halle. Der Wüstenexpreß Wadi Halfa-Khartum ist vor einigen Stunden angekommen, der zweimal wöchentlich während der »Season« aus den großen Hotels von Luksor und Assuan Touristen-Menschheit her nach Khartum bringt; wieder in ein Hotel zu Whiskysoda und Jazz am Abend.

Die Veranda längs der Hotelfront ist um eine Stufe über den Garten erhöht und nach vorne offen. Unten, auf einem bekiesten Streifen, hocken schon jetzt die Händler, die später, zur Teezeit, auf dem Rand des Verandabodens ihre Waren auslegen dürfen.

Da ich mir einen Liegesessel zurechtschiebe und, den Fliegenwedel in der einen Hand, in einem Buch zu lesen beginne – einem Buch aus der Geschichte des Sudans –, nähern sich mir einige dieser Händler, gemischte Orientalen, lassen aber, auf einen ungeduldigen Wink, gleich wieder von mir ab. Entweder ist es noch zu heiß zum Zudringlichwerden, oder, und das ist eher der Fall, gehöre ich nach ungeschriebenem Recht dem einen Händler, der schon vorher gegenüber der Stelle gehockt hat, an der ich Platz nahm. Dieser eine läßt sich nicht winken, sondern packt unbeirrbar seine Waren aus einem Wachstuch und breitet sie vor mir aus, allerlei Andenken und Kuriositäten, die ich erwerben soll. Da ich den Kerl, einen grünlich dunkelbraunen, noch jüngeren Menschen, nicht loswerden kann – ich schätze, er ist ein Hindu oder ein Parse – und er mich nicht lesen läßt, beschließe ich, ihn zu ärgern, und verstehe keine der vielen Sprachen, in denen er gleich auf mich einspricht. Erstaunlich, wie viele europäische Sprachen er irgendwie kennt!

Er will mir, auf englisch, Zigarettendosen aus Messing verkaufen, billigen Schund aus den Basaren von Agra und Delhi; Musselinschals, wie sie aus England nach Benares gebracht und dort den Touristen angedreht werden. Da ich, scheint es, nicht Englisch verstehe, versucht es mein Kerl mit Spanisch, er muß auf Trinidad oder in Panama gewesen sein, wo so viele Inder leben. Ich verstehe auch nicht Spanisch, für ihn nicht, und kaufe die ceylonesischen Elefanten nicht, aus tiefschwarzem Holz. Ich verstehe keinen Ton von dem Portugiesisch von Goa und zeige kein Interesse für Elfenbeinschnitzereien (obwohl ein Püppchen, einen Krieger der Schilluk darstellend, mit einem Speer in der Hand, mir gefällt, im Grunde). – Auf kapholländisch weiß ich nicht zu begreifen, daß ich Lederarbeiten kaufen soll, prachtvolle grellrote Kissen aus kunstvoll gefärbter Gazellenhaut, mit vielen Farben benäht, wie sie drüben in Omdurman gearbeitet werden.

Endlich,