Wenn es so weitergeht, braucht Jan Berend bald mehr Platz. Was bemerkenswert ist, denn er ist Inhaber und alleiniger Mitarbeiter von »Jan Berend«, der letzten Buchhandlung der Niederlande. Jahre nach dem Konkurs der Verlage in Amsterdam und der einzig verbliebenen Druckerei im Osten des Landes kann man bei Herrn Berend – denn so wird er genannt – immer noch Bücher kaufen. Neue wohlgemerkt, ungelesene, sorgfältig und liebevoll herausgegebene Bücher. Im Selbstverlag erschienene Titel kommen ihm nicht ins Haus, das Wort »E-Book« gilt in seinem Geschäft als Schimpfwort.
Jan Berend ist vor dreiundsechzig Jahren unter einem anderen Namen in der Wohnung über dem Geschäft zur Welt gekommen. Damals nannte man seinen Vater solange man sich erinnern konnte Jan Berend, nach dem goldenen Schriftzug auf dem Schaufenster, und seine Mutter war selbstverständlich als Frau Berend bekannt. Er wurde bald der kleine Jan, der geborene Buchhändler, und er war sicher, dass er, wie seine Eltern, als solcher sterben würde. Wenn es so weit wäre, wenn er nicht mehr in Büchern denken und atmen könnte, dann würde ein Anwalt seine Wünsche buchstabengetreu umsetzen. Das hat Herr Berend so geregelt, weil er diese Dinge aus praktischer Sicht wichtig, aber nicht interessant genug findet, um sich eingehend mit ihnen zu befassen. Außerdem hat er niemanden, dem er so etwas anvertrauen könnte, zurzeit jedenfalls nicht.
Der Grund, weshalb ihn die absurde Idee einer Ladenvergrößerung beschäftigt, ist, dass die Kunden bis vor seine Tür Schlange stehen. Manchmal geht es so hoch her, dass er sich insgeheim fragt, wie lange er sich dem Wachstum noch widersetzen kann. Samstags schließt er derzeit zu, sobald die maximale Raumauslastung erreicht ist. Den nächsten Kunden lässt er erst herein, wenn ein anderer geht. Sogar zur Blütezeit des Buches, als die Tische sich unter stapelweise Bestsellern bogen, war bei ihm der Andrang nicht so groß wie heute. »Alle wollen haben, was es nicht gibt«, sagte sein Vater schon vor vierzig Jahren, und er hatte Recht. Herr Berend verkauft Bücher, als wären es seltene Weinrömer aus dem siebzehnten Jahrhundert, und fast für denselben Gegenwert, denn die Buchpreisbindung ist wegen mangelnden Nachschubs aufgehoben worden. Solange keine neuen Bücher auf den Markt kommen – und wer würde es heutzutage noch wagen? –, sinkt der Preis nicht.
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