Kapitel zwei
Jaci war mit ihren Gedanken woanders, als sie die fünfzehn Meilen nach Baldwin fuhr.
Der Ort war größer als Heron, konnte mit einer Kunsthochschule und mehreren Fachgeschäften aufwarten, schaffte es aber doch, sich den Charme einer Kleinstadt am Fluss zu bewahren.
Jaci hielt an einem Bed& Breakfast, um ihr selbstgebackenes Brot abzuliefern, bevor sie zu dem kleinen Café fuhr, das zwischen einer Eisenwarenhandlung und einer Zahnarztpraxis eingequetscht war.
Sie lenkte ihren Jeep in die nächste freie Parklücke und sprang heraus, ohne darauf zu achten, wer neben ihr einbog. Trina, die Besitzerin vonTea& Cakes, hatte bereits zweimal angerufen und nachgefragt, ob die Obstkuchen rechtzeitig zum Brunch-Ansturm kämen.
Ein großer Fehler.
Jaci öffnete gerade die Heckklappe ihres Wagens, als sie den vertrauten Duft nach Dolce& Gabbana wahrnahm und erstarrte. Oh … Mist. Sie blickte zur Seite, wo sie zu spät den silbernen Mercedes entdeckte, der neben ihr parkte.
Wie ein Reh im Scheinwerferlicht war Jaci nicht in der Lage, sich zu rühren. Wäre sie klug, würde sie in den Laderaum ihres Jeeps steigen und die Tür schließen. Mit ein wenig Turnerei käme sie auf den Fahrersitz und könnte weg sein, ehe es zu einer Begegnung kam.
Stattdessen zwang sie sich, sich langsam umzudrehen und dem kritischen Blick der älteren Frau zu stellen.
»Hallo, Mutter.« Sie setzte ein Lächeln auf.
Loreen Hamilton war eine kleine, schlanke Frau mit rotblondem Haar, das sie zu einem losen Knoten gesteckt trug, um ihr blasses ovales Gesicht und ihre feinen Züge hervorzuheben. Mit Mitte vierzig war sie noch immer eine schöne Frau, der es gelang, trotz des hartnäckigen Regens wie aus dem Ei gepellt auszusehen. Natürlich gab sie ein Vermögen für ihre wöchentlichen Besuche bei der Kosmetikerin, der Maniküre und dem Friseur aus. Und ihr weiter schwarzer Mantel und die hohen Lederstiefel hatten vermutlich mehr gekostet als Jacis gesamte Garderobe.
Hatte man Geld, war es leicht, gut auszusehen.
Mit ihren kalten blauen Augen musterte sie Jaci, vom Haar, das ihr nass am Kopf klebte, über das durchweichte Sweatshirt bis hin zu den schlammverschmierten Gummistiefeln.
Ihr gegenüber kam Jaci sich stets wie eine linkische, klobige Kuh vor.
»Jaci.« Sie zog eine perfekt gezupfte Augenbraue hoch. »Du lieber Himmel, was ist passiert?«
»Nichts.« Jaci blickte verwirrt an sich hinab. »Warum?«
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