1. Kapitel
Andere Mütter haben auch schöne Söhne.
Aber das hilft nichts, wenn die nicht
in New York wohnen.
– Eva
„Wir können nicht zwei Turteltauben schicken! Ich weiß, er will ihr an Weihnachten einen Antrag machen und findet das romantisch, aber die Romantik geht ganz schnell flöten, wenn das komplette Zimmer mit Taubendreck bespritzt ist. Die Liebe seines Lebens wird Nein sagen, und wir dürfen nie wieder ein Event in dieser Location veranstalten, und keiner bekommt das Happy End, das wir uns alle wünschen.“ Eva Jordan brachte das Handy in eine bequemere Position und kuschelte sich tiefer in ihren Mantel. Vor den Fenstern des Taxis fiel der Schnee immer noch stetig und forderte alle heraus, die gegen ihn ankämpfen wollten. Je mehr sie schaufelten, desto mehr Schnee fiel – so wirkte es zumindest. In einer Schlacht zwischen den Menschen und den Elementen stand der Mensch definitiv auf verlorenem Posten. Der Schneesturm nahm ihr beinahe vollständig die Sicht auf die Fifth Avenue, deren glitzernde Schaufenster hinter einem Schleier aus fallenden Flocken verschwanden. „Ich werde ihm helfen, seine Vorstellung von ‚Romantik‘ neu zu definieren, und darin werden weder Vögel noch Hühner oder Eier legende Gänse eine Rolle spielen. Und wo wir gerade dabei sind, ein goldener Ring ist vollkommen ausreichend. Warum braucht er fünf? Er will das Außergewöhnliche, nicht die Übertreibung, und diesen Unterschied werde ich ihm erklären.“
Paige war wie immer verständnisvoll. „Laura träumt von diesem Moment, seitdem sie ein kleines Mädchen war. Er trägt die Verantwortung dafür, es perfekt zu machen.“
„Ich bin mir ziemlich sicher, dass in ihrem Traum keine Menagerie an Wildtieren vorkommt. Ich denke mir einen Plan aus, und der wird spektakulär. Niemand kennt sich mit Romantik besser aus als ich.“
„Außer, wenn es um dich geht.“
„Danke auch, dass du mich an mein nicht existentes Liebesleben erinnerst.“
„Gern geschehen. Und nachdem wir uns jetzt über die Fakten einig sind – was willst du in dieser Sache unternehmen?“
„Überhaupt nichts. Und wir werden diese Unterhaltung nicht schon wieder führen.“ Eva wühlte in ihrer Tasche und holte ihr Notizbuch heraus. „Können wir zum Geschäftlichen zurückkehren? Es ist nur noch ein Monat bis Weihnachten.“
„Wir haben nicht genügend Zeit, um etwas Aufwendiges auf die Beine zu stellen.“
„Es muss nicht aufwendig sein. Sondern emotional. Sie muss von seinen Worten und deren Bedeutung überwältigt sein. Warte mal …“ Eva tippte mit ihrem Stift auf die Seite. „Sie haben sich im Central Park kennengelernt, oder? Beim Hundespaziergang?“
„Ja, aber Ev, der Park liegt unter einem halben Meter Schnee begraben, und es kommt immer noch mehr dazu. Ein Heiratsantrag dort könnte mit einem Ausflug in die Notaufnahme enden. Das wäre aus den ganz falschen Gründen unvergesslich.“
„Überlass das mir. Ich habe in den nächsten zwei Tagen ausreichend Zeit, darüber nachzudenken, weil ich ganz allein in der Wohnung dieses Typen sein werde, um sie zu schmücken und seinen Tiefkühlschrank für seine Rückkehr aus der Wildnis zu füllen.“ Sie machte sich eine Notiz und steckte das Notizbuch wieder weg.
„Du arbeitest zu hart, Ev.“
„Das sagst ausgerechnet du zu mir?“
„Selbst ich nehme mir ab und zu frei, um mich zu entspannen.“
„Das muss mir entgangen sein. Und falls es dir noch nicht aufgefallen ist, unser Geschäft wächst wahnsinnig schnell.“
„Wenn du dir mal einen Abend freinimmst, um auf ein heißes Date zu gehen, wird das unsere Wachstumskurve nicht gleich einstürzen lassen.“
„Danke, aber dein Plan hat einen kleinen Haken. Ich habe kein heißes Date. Ich habe nicht einmal ein lauwarmes Date.“
„Meinst du, du solltest es noch mal mit Onlinedating probieren?“
„Ich hasse Onlinedating. Mir ist es lieber, Menschen auf andere Weise kennenzulernen.“
„Aber du lernst niemanden kennen! Du arbeitest nur. Du gehst mit deinem Teddybären ins Bett.“
„Es ist ein Känguru, kein Bär. Mein Großmutter hat es mir geschenkt, als ich vier war.“
„Das erklärt, warum es so erschöpft aussieht. Es ist an der Zeit, es mit einem Mann aus Fleisch und Blut zu ersetzen, Eva.“
„Ich liebe dieses Känguru. Es hat mich noch nie im Stich gelassen.“
„Honey, du musst mal ausgehen. Was ist mit diesem Banker? Den mochtest du doch.“
„Er hatte nie Zeit, mich anzurufen. Das Leben ist so schon stressig genug. Da muss man nicht noch herumsitzen und darauf warten, dass ein Kerl, von dem man nicht einmal sicher ist, dass man ihn mag, anruft und einen auf ein Date einlädt, von dem man nicht sicher ist, ob man überhaupt hingehen will.“
„Du hättest ihn doch selbst anrufen können.“
„Das habe ich. Er hat nie abgenommen.“ Eva schaute aus dem Fenster. „Es macht mir nichts aus, einem Traum nachzujagen, wenn es darum geht, unsere Agentur und unsere Zukunft aufzubauen. Aber ich werde nicht einem Mann hinterherjagen. Wie auch immer, jeder weiß, dass man die Liebe nie findet, wenn man danach sucht. Man muss darauf warten, dasssie einen findet.“<