Arbeitsstörungen und Persönlichkeit
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Karl König
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Arbeitsstörungen und Persönlichkeit
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Psychiatrie-Verlag
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9783884142226
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1
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CHF 12.70
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Sonstiges
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German
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170
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Wasserzeichen/DRM
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PC/MAC/eReader/Tablet
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PDF
Es gibt keine Therapie, die nicht früher oder später bei den Klienten, Klientinnen auf Schwierigkeiten im Arbeitsverhalten stößt. Die einen kommen wegen aufwendiger Zwangsrituale regelmäßig zu spät zur Arbeit, schleichen dann möglichst unauffällig an ihren Platz und ziehen sich zunehmend den Unmut der Vorgesetzen zu. Anderen gelingt es, alle Arbeitserfolge eines Teams für sich zu verbuchen, die Kollegen damit fortwährend zu Hilfsarbeitern zu »degradieren« und so für unterschwelligen »Sprengstoff« zu sorgen.
Ob »stilles Mäuschen« oder »toller Hecht«: Arbeitsstörungen aufgrund psychischer Beeinträchtigungen können existentielle Gefährdungen wie den Verlust des Arbeitsplatzes, soziale Isolation u.a. nach sich ziehen.
Das Buch nimmt die komplexen Zusammenhänge von subjektivem Arbeitsverhalten und Persönlichkeitsstruktur in den Fokus.
Anmerkungen zur Therapie
(S. 145-146)
Arbeitsstörungen spielen in den meisten psychoanalytischen Therapien eine Rolle: als Hauptsymptom oder als ein begleitendes Symptom neben einer anderen Symptomatik. Bei der Indikationsstellung ist es wichtig, zwischen primären und sekundären Arbeitsstörungen zu unterscheiden. Eine primäre Arbeitsstörung liegt vor, wenn die Arbeitsproduktivität eines Patienten schon immer beeinträchtigt war. Um eine sekundäre Arbeitsstörung handelt es sich, wenn der Betreffende gut arbeiten konnte, seine Arbeitsproduktivität sich aber im Rahmen einer neurotischen oder auch psychotischen Erkrankung gemindert hat.
Die Unterscheidung zwischen einer primären und einer sekundären Arbeitsstörung ist nicht immer leicht zu treffen. So kann ein Patient, der in der Schule infolge hoher Begabung gut mitkam, ohne viel zu arbeiten, versagen, wenn er mit den höheren Anforderungen an der Universität konfrontiert wird. Dann kann er eine reaktive Depression entwickeln. Die Depression ist aber nicht Ursache der Arbeitsstörungen, sondern umgekehrt: Die Arbeitsstörungen sind Ursache der Depression.
Natürlich verstärken sich Arbeitsstörungen und Depression gegenseitig. So kann es zu selbstverstärkenden Kreisprozessen kommen: Die Arbeitsstörungen rufen eine Depression hervor, die Depression verstärkt die Arbeitsstörungen, die verstärkten Arbeitsstörungen verstärken die Depression. Man muß dann unterscheiden, ob der betreffende Student– ich möchte im folgenden bei diesem Beispiel bleiben– einfach nur ungeübt ist oder ob eine neurotische Störung schon während der Schulzeit vorlag, etwa eine Störung mit Charaktersymptomen, zu denen Störungen im Arbeitsbereich gehört hätten, wenn die Arbeitsanforderungen höher gewesen wären.
Begabte Schüler arbeiten oft wenig und lernen deshalb das Arbeiten nicht. Hier muß keine Charakterneurose vorliegen. Der Student wäre mit der Tatsache zu konfrontieren, daß er das Arbeiten nicht gelernt hat. Die damit verbundenen Kränkungen wären zu bearbeiten, und es wäre mit ihm zu besprechen, wie er das Versäumte nachholen könnte. Die meisten Studentenberatungsstellen bieten Kurse an, die den Studierenden dabei helfen, Arbeitstechniken zu erwerben, die sie auf der Schule nicht erworben haben.
Dafür, daß latent vorhandene Arbeitsstörungen bei einerÄnderung der Arbeitsanforderung manifest werden können, ist derÜbergang von der Schule zur Universität ein besonders prägnantes Beispiel. Entsprechendes kommt natürlich auch in anderen Arbeitsbereichen vor, wenn sich die Anforderungenändern; zum Beispiel durch die Einführung von elektronischer Datenverarbeitung in einem Betrieb. Hier spielt natürlich auch das Alter eine Rolle.
Die Fähigkeit zum Umlernen nimmt bekanntlich mit dem Alter ab. Hier ist dann zwischen altersbedingten und charakterneurotisch bedingten Schwierigkeiten zu unterscheiden; bei einer solchen Umstellung kann sich aber auch ein Begabungsdefizit herausstellen. Die Arbeitsfähigkeit kann durch die Symptome einer sogenannten Symptomneurose (im Unterschied zur Charakterneurose) beeinträchtigt sein. Ein gutes Beispiel ist eine Zwangsneurose mit Kontrollzwängen. Die Arbeitsergebnisse müssen immer wieder kontrolliert werden, was die Arbeitsproduktivität oft drastisch einschränkt. Manche Zwangsneurosen bestehen seit der Kindheit, andere manifestieren sich erst im Erwachsenenalter.
Inhalt
6
Vorwort
8
Einleitung
9
Allgemeines zur Persönlichkeitsstruktur
10
Arbeitsstil und Arbeitsstörung
11
Funktionslust
13
Persönlichkeitsstruktur undArbeitsstörungen
21
Schizoide Struktur und Arbeitsverhalten
22
Depressive Struktur und Arbeitsverhalten
27
Narzißtische Struktur und Arbeitsverhalten
36
Zwanghafte Struktur und Arbeitsverhalten
44
Phobische Struktur und Arbeitsverhalten
47
Hysterische Struktur und Arbeitsverhalten
49
Entwicklungsstörungen der Ich-Struktur
56
Weitere Störungsformen
61
Problematische Delegationen
62
Begabung
64
Auswirkungen von Pessimismus und Optimismus
66
Konkurrenzverhalten
67
Zuviel Arbeit
70
Arbeitsrhythmen und Zeitstrukturierung
78
Arbeit und Pausen
81
Urlaub
85
Zuspätkommen
87
Arbeitsstörungen im Lebenszyklus
95
Schule und Universität
96
Berufswahl und Arbeitsmotivation
98
Berufliche Ausbildung
99
Berufsunfähigkeit, Erwerbsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit
102
Midlife-Crisis
104
Einflüsse des Alterns
106
Arbeitsverhalten und soziale Beziehungen
115
Konflikte am Arbeitsplatz
116
Rollenkonflikte und ihre Auswirkungen auf das Arbeiten
121
Kooperation im Team
126
Arbeitsstörungen in Gruppen
131
Mobbing
134
Vorgesetzte und Mitarbeiter, Ausbilder und Auszubildende
138
Arbeitsstörungen und Therapie
145
Anmerkungen zur Therapie
146
Arbeitsstörungen von Patienten in Therapien
151
Arbeitsstörungen des Therapeuten in Therapien
153
Anhang
159
Literatur
160
Register
163
Der Autor
170