KAPITEL 2
ÜBER DAS VERHÄLTNIS ZWISCHEN POLITIKERN UND JOURNALISTEN
»Wie kann man bei persönlicher Nähe
sachlich bleiben?«
Helmut Brandstätter
Als Berufspolitiker ist ja wahrscheinlich die große Gefahr, dass man, wie in anderen Karrieren auch, den nächsten Schritt machen möchte. Aber es kann nicht jeder Bundeskanzler werden. Interessant ist, dass wir jetzt einen Bundeskanzler haben, der ein reiner Berufspolitiker ist, der aber ausschließlich Leute gesucht hat, die nicht Berufspolitiker sind. Wenn man bösartig wäre, könnte man ihm unterstellen, dass er vielleicht niemanden ranlassen wollte, der diese Kenntnisse und Fähigkeiten hat, die er sich erworben hat, und ihm somit niemand politisch gefährlich werden kann.
Ich kann nur sagen, was Sebastian Kurz geschafft hat, ist ein historisches Verdienst. Er hat es geschafft, die politischen Verhältnisse in Österreich komplett zu drehen. Man möge sich bitte daran erinnern, wie die Umfragen vor zwei Jahren waren. Da war Heinz-Christian Strache nahezu uneinholbar vorne. Das hat Sebastian Kurz umgedreht. Und dabei habe ich ihm, besonders als Vizekanzler, gern geholfen.
Das klingt ja jetzt fast nach Propaganda.
Nein, nein, das sind nur Fakten, an die man sich erinnern sollte.
Mein Punkt war ein anderer. Warum nimmt sich er, der reine Berufspolitiker, ausschließlich Leute, die keine politische Erfahrung haben?
Naja, einige haben schon politische Erfahrung. Aber ich glaube, letztlich ist auch hier der entscheidende Faktor das persönliche Vertrauen. Er braucht jetzt die Leute, denen er hundertprozentig vertrauen kann.
Und er vertraut anderen Berufspolitikern nicht?
Das ist sicherlich auch die Erfahrung, die ihn geprägt hat im Bereich der Parteipolitik. Da kommen wir wieder zurück zu deinem Spruch »Parteifreund – Todfeind«.
Noch einmal zu den Journalisten. Jeder gute Strafverteidiger kennt mehr Journalisten als Politiker.
Der Umgang mit Journalisten war mir nicht neu.
Man kann es machen wie Manfred Ainedter, man muss aber nicht. Man muss als Strafverteidiger nicht in den Seitenblicken sein.
Das war ich auch als Strafverteidiger nie, als Politiker schon.
Hilft das einem Strafverteidiger?
Beim Umgang mit Journalisten hilft es natürlich.
Bekommt Manfred Ainedter mehr Aufträge, weil er viel in den Medien ist?
Das weiß ich nicht. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass mediale Aufmerksamkeit für den Mandanten eher schlecht ist. Es mag aber Ausnahmen geben.
Du bist ja fast ein Gegenstück zu Manfred Ainedter, was das öffentliche Auftreten betrifft. Er hat großen Wert darauf gelegt, sehr bekannt zu sein, du hast großen Wert darauf gelegt, im Hintergrund zu arbeiten, bescheiden aufzu