»Und dann sah ich deutsche Kraft verwesen, Dünger werden einer bessren Zeit.«
Joachim Ringelnatz, Leutnant zur See, hinterlassen mit Kohle an der Zimmerwand der Küstenbatterie Seeheim, 21. November 1918
Der Befehl, den die Admiralität am 24. Oktober 1918 erließ, war unmissverständlich: »Die Hochseeflotte erhält die Weisung, baldigst zum Angriff auf die englische Flotte vorzugehen. Dazu können alle verfügbaren Streitkräfte der Kaiserlichen Marine herangezogen werden.« Was mag den vom entsetzlich langen Krieg gezeichneten Matrosen durch den Kopf gegangen sein oder den der Schulbank gerade erst entwachsenen Rekruten, als sie Wind bekamen von dieser Order, die für jeden ersichtlich einem militärisch sinnlosen Himmelfahrtskommando gleichkam? Womöglich wanderten ihre Gedanken nach Hause, zu ihren Familien, sicher aber kreisten sie bei vielen um die Frage, ob es das wirklich noch wert war. Wie ließ sich der absehbare kollektive Untergang der Kaiserlichen Flotte mit der beschworenen soldatischen Ehre der Marine rechtfertigen? Wer wollte noch sein Leben für diesen Kaiser opfern, der Generationen seiner Untertanen in vier Kriegsjahren gnadenlos ›verheizt‹ hatte und, als er sich kurz darauf ins Exil zu gehen genötigt sah, das deutsche Volk als »Schweinebande« denunzierte? Und welchen Wert sollte es für ein erschöpftes, materiell ausgelaugtes, längst kriegsmüdes Land haben, den Kampf fortzusetzen – zumal aus dem fernen Berlin zu hören war, dass die Reichsleitung längst den ersehnten Frieden mit