: Anita Brookner
: Ein Start ins Leben Roman | Das meisterhafte Debüt der Booker-Prize-Preisträgerin - »Ein Vergnügen! Unterhaltsam und wunderbar geschrieben.« The Times
: Eisele eBooks
: 9783961615124
: 1
: CHF 8.90
:
: Erzählende Literatur
: German
: 224
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Im Alter von vierzig Jahren wurde Dr. Weiss klar, dass die Literatur ihr Leben ruiniert hatte. Das meisterhafte Debüt der Booker-Preisträgerin erstmals auf Deutsch Die »letzte große Autorin des 20. Jahrhunderts«. Daily Telegraph Von klein auf flüchtet sich Ruth Weiss in die Welt der Bücher, wo sie Antworten auf ihre Fragen sucht. Ihre nicht erwachsen werden wollenden Eltern sind ihr dabei keine Hilfe. Mutter Helen, eine ehemals gefeierte Schauspielerin, verbringt ihre Tage rauchend und immer einen Drink in der Hand im Bett. Vater George, einst Buchhändler und Helens größter Verehrer, sehnt sich nach einer Frau, die ihm ein gemütliches Heim schafft. Und die verwitwete Haushälterin Mrs. Cutler ist mehr damit beschäftigt, Helen bei Drinks und Zigaretten Gesellschaft zu leisten, als sich um Ruth oder den Haushalt zu kümmern. Ein Studienjahr in Paris soll die große Wendung in Ruths Leben bringen. Dort erfährt die junge Frau zum ersten Mal, was Freiheit bedeutet. Wird sie hier endlich ihrer Einsamkeit entkommen? Schon Anita Brookners Debüt ist ein vollendetes Stück Literatur. Tessa Hadley zählte Ein Start ins Leben im Guardian zu einem ihrer besten Romane und nannte ihn »schwarzhumorig, düster, und sehr, sehr witzig.« »Ein großer, intensiver Roman, der sehr an den brillanten Erzähler Balzac erinnert.« WDR 4, Elke Heidenreich 

ANITA BROOKNER, 1928 in London geboren, studierte Kunstgeschichte am King's College und absolvierte ein postgraduales Studium an der Universität von Paris. Brookner wurde Expertin für Französische Kunst des 18. und 19. Jahrhunderts und übernahm 1967 als erste Frau die Slade-Professur der Schönen Künste in Cambridge. 1981 erschien ihr literarisches Debüt Ein Start ins Leben. Ihr Roman Hotel du Lac wurde 1984 mit dem Booker Prize ausgezeichnet. Obwohl Anita Brookner erst in ihren Fünfzigern literarisch zu schreiben begann, verfasste sie bis zu ihrem Tod 2016 in London insgesamt 24 Romane. Sie gilt als meisterhafte Stilistin. Im Eisele Verlag erschien zuletzt ihr Roman Ein tugendhafter Mann. Seht mich an ist Anita Brookners dritter Roman.

JULIAN BARNES


NACHRUF AUF ANITA BROOKNER,
erschienen inThe Guardian am18. März2016.


Es gab niemanden, der ihr auch nur ansatzweise vergleichbar gewesen wäre.


Nur zu leicht verwechselte man Anita Brookner mit ihren unglücklichen Protagonistinnen – allesamt alte Jungfern – aber die Gewinnerin des Booker Prize war eine Romanschriftstellerin von unvergleichlichem Witz und Lebensklugheit, und eine der angesehensten Kunsthistorikerinnen der jüngeren Geschichte.

Anita beugte sich bei unserem Mittagessen über den Tisch, um zu inspizieren, was ich auf dem Teller hatte. „Wie schmeckt das?“, fragte sie. Und dann, mit einem breiteren, erwartungsvolleren Lächeln: „Enttäuschend?“

Anita erzählte mir, dass sie gerade einen Roman fertiggestellt habe, und dann fügte sie in gedämpftem, vertraulichem Ton hinzu: »Er handelt von … einer einsamen Frau.«

Anita, die grundsätzlich als Erste da war, egal wie früh ich kam, begrüßte mich mit ihrem üblichen, beunruhigenden Einstieg: »Na, was hast du Schönes für mich?«

So ein Mittagessen dauerte nie länger als75 Minuten, für gewöhnlich bestellte sie Fisch und hinterher einen schwarzen Kaffee, zu dem sie zwei Zigaretten rauchte. (Eine ganze Weile waren es Sovereigns, eine Art Benson& Hedges für Arme: Das war das einzige nicht vollkommen elegante Element ihres Auftritts, das ich jemals an ihr beobachtet habe.)

Anita erzählte mir, dass sie gerade einen weiteren Roman fertiggestellt habe, und dass sie jetzt, wo sie ihn vom Schreibtisch habe, tun könne, was sie wolle.

»Tja, in deinem Fall«, witzelte ich, »heißt das wohl, dass du jetzt noch mal den gesamten Proust liest.« Es folgte eine leicht erschrockene Schweigepause. »Wie hast du das jetzt erraten?« In regelmäßigen Abständen fragte sie mich, wie alt ich sei. Ich gab Auskunft, und dann antwortete sie mit einer Art enthusiastischer Melancholie: »Da hast du ja noch zehn gute Jahre vor dir.« Die Frage wurde über die nächsten Jahrzehnte wiederholt, und auf meine Antwort erwiderte sie jedes Mal dasselbe. Allerdings fiel mir auf, dass der Enthusiasmus im Laufe der Zeit zu einer Art mitleidiger Hoffnung zusammenschrumpfte.

Sie war geistreich, funkelnd intelligent, reserviert und unberechenbar, und zwar noch viel mehr, als sie selbst beabsichtigte. Ich wüsste keinen Romanschriftsteller, bei dem es unwahrscheinlicher wäre, dass er eine Autobiographie verfasst. Sie war entschieden moralisch, ohne moralinsauer zu sein, und entschieden wahrheitsliebend. Einmal war ich für ein Interview bei einem Lokalradiosender in London, und das Team befand sich immer noch im Schockzustand, weil tags zuvor Anita einen ihrer (seltenen) Auftritte bei ihnen gehabt hatte. Ich erkundigte mich, was passiert war. »Sie hat jede Frage wahrheitsgemäß beantwortet«, erwiderten sie. Allerdings, und so etwas waren sie eben nicht gewöhnt. Ich kannte sie – nicht besonders gut – über dreißig Jahre. Es gab niemanden, der ihr auch nur ansatzweise vergleichbar gewesen wäre, und niemanden, dessen Präsenz auch nur annähernd denselben Effekt gehabt hätte. Ich war nicht der Einzige, der anders sprach, wenn er ihr gegenübersaß. Ich unterzog Vokabular und Grammatik blitzschnell noch einmal einer kritischen Prüfung, bevor sie meinen Mund verließen; ich merkte, wie ich bei meinen eigenen Äußerungen in Gedanken die Interpunktion berücksichtigte – ich setzte sogar geistige Semikolons, unglaublich! Sie selbst blieb immer ruhig, amüsiert, beherrscht. Aber dann sagte man so was wie: »Was hältst du von Boucher?« (oder irgendeinem anderen von ungefähr tausend Malern), und sie verwandelte sich und war lebendiger als bei allen anderen Gelegenheiten. Sie antwortete sehr präzise, intensiv, ausführlich, mit großer Leidenschaft und leuchtenden Augen, und manchmal ließ sie dabei sogar ein persönliches Detail mit einfließen. Sie erzählte mir einmal, die glücklichste Zeit ihres Lebens sei die gewesen, als sie in Frankreich ihre Doktorarbeit über Greuze geschrieben und dafür im Bus durch den Nebel zu Kunstgalerien in der Provinz gefahren sei. Dabei hatte man das Gefühl, dass der Nebel ein sehr wichtiger Bestandteil dieses Glücks gewesen war.

Bei all dem darf man nicht vergessen, dass sie über einen viel längeren Zeitraum über Kunst nachdachte, schrieb und lehrte, als sie Romane schrieb. Wenn wir nicht die »Booker-Prize-Gewinnerin Anita Brookner« zu betrauern hätten, würden wir uns an eine der glänzendsten, scharfsinnigsten Verfasserinnen von Kunstbüchern in neuerer Zeit erinner