: Beate Maly
: Mord auf der Donau Historischer Kriminalroman
: Emons Verlag
: 9783960414193
: 1
: CHF 7.60
:
: Historische Kriminalromane
: German
: 272
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ein feinsinnig-unterhaltsamer Kriminalroman im Stil von Agatha Christie. ENTLANG DER DONAU, 1923: Auf einem Luxusdampfschiff, das von Wien nach Budapest fährt, stirbt ein Gast. Zuerst sieht es aus, als wäre ihm die Szegediner Fischsuppe nicht bekommen, doch die pensionierte Lehrerin Ernestine Kirsch und ihr Freund Anton Böck haben ihre Zweifel: Einige der Schiffspassagiere scheinen ein Motiv für einen Mord zu haben. Gemeinsam gehen sie der Sache auf den Grund - und damit dem Mörder fast in die Falle.

Beate Maly wurde 1970 in Wien geboren, wo sie bis heute mit ihrem Mann und ihren drei Kindern lebt. Zum Schreiben kam sie vor rund 20 Jahren. Zuerst verfasste sie Kinderbücher und pädagogische Fachbücher. Seit rund zehn Jahren widmet sie sich dem historischen Roman und seit 'Tod am Semmering' auch dem Kriminalroman.

PROLOG


Ungarn, 1873

Orangerot flimmerte die Sonne über der ockerfarbenen Steppe und tauchte die ungarische Puszta in ein sanftes, spätsommerliches Licht. Eine leichte Brise bewegte trockene Halme und brachte sie zum Knistern. Insekten schwirrten über der dunkelbrauen Erde, Grillen zirpten im Gras. In der Ferne weidete eine Schafherde träge neben einem der vielen Ziehbrunnen, deren schmale Silhouetten charakteristisch für die schier endlose Weite der Landschaft waren.

Gleich neben dem Brunnen befand sich ein Gebiet, das von den Bewohnern der Gegend liebevoll »Eichenwäldchen« genannt wurde. Niemand wusste, woher der Name stammte, denn seit Menschengedenken wuchsen dort keine Eichen mehr. Hüfthohes Gebüsch, winzige Blüten in Lila und Weiß sowie niedrige Erlen, deren faustdicke Stämme mit einem einzigen Axthieb eines kräftigen Mannes umgehauen werden konnten, prägten das Bild.

Dennoch zog der Landschaftsstreifen mehr Menschen an als die übrige Puszta. Hinter den Erlen gab es ein riesiges Pferdegestüt und zwei Bauernhöfe.

Vor einem der einfachen Gebäude, in dessen dichtem Schilfdach sich Insekten tummelten, spielte die fünfjährige Ilona. Wie immer war sie sich selbst überlassen. Ilona war nicht die Tochter der Bauern, sondern bloß ein Pflegekind, von dem niemand so recht wusste, wer die leiblichen Eltern waren. Kurz nach ihrer Geburt hatte ein junger Bursche sie am Hof abgegeben und für ihre Versorgung Geld versprochen. Besucht oder nach dem Mädchen erkundigt hatte sich in all den Jahren nie jemand. Alle vier Wochen kam, wie vereinbart, ein absenderloses Kuvert, in dem sich eine bescheidene Summe befand. Mit dem Zusatzverdienst hatte die Bäuerin zwei neue Legehühner und vor ein paar Wochen eine Ziege gekauft.

»Solang ich die Briefe erhalte, kannst du hierbleiben«, sagte die Bäuerin regelmäßig. Ilona wusste also, dass sie den Hof verlassen musste, sobald ihre Post ausbleiben würde.

Im Moment stampfte die Bäuerin Butter in der Küche. Der Bauer war am Feld, gemeinsam mit zwei Knechten. Meistens nahm er Ilona mit, dann musste sie genau wie die Erwachsenen das Gras mit einer Sichel schneiden, die für ihre jungen Hände viel zu groß war, Saat ausbringen oder bei der Ernte mithelfen. Heute war sie am Hof geblieben, weil der Bauer einen Zaun ausbesserte. »Dabei bist du bloß im Weg«, hatte er gemeint. Ilona war es recht. Jetzt hockte sie in ihrem alten, löchrigen Kleid auf dem staubigen Boden und zog mit einem Stecken Endlosschleifen in den Sand. Die Spuren verliefen zuerst zu kleinen konzentrischen Kreisen, um dann wieder größer zu werden. Das Muster, das sich bildete, war dem auf der Töpferscheibe ähnlich, die im hintersten Schuppen stand. Manchmal drehte Ilona das verstaubte Gerät. Sie mochte das knarrende Geräusch, das dann ertönte. Es klang beinahe wie Musik. Natürlich wagte Ilona sich nur an die Scheibe, wenn sicher war, dass niemand sie sehen konnte. Hätte die Bäuerin sie dabei erwischt, hätte sie mit dem Kochlöffel zugeschlagen oder schlimmer noch mit der Peitsche. Die Strafen der Bäuerin waren brutal. Ilonas schmaler Rücken war mit blauen Flecken und roten Striemen übersät. Mittlerweile spürte sie es kaum noch, wenn die Alte zuschlug. Nu