Kapitel 2
Als Felix Bühler am späten Freitagnachmittag des 12. April mit seinem Citybike wie gewohnt von der Schule nach Hause fuhr, deutete nichts darauf hin, dass noch vor Ende dieses sonnigen Frühlingstages nichts in seinem Leben mehr so sein würde wie zuvor.
Felix war so guter Laune, wie er es kurz vor seinem 16. Geburtstag nur sein konnte. Der Grund lag jedoch weniger an den ausgedehnten Versuchen seines Physiklehrers Dr. Justus Liebig als an dem Zettel, den ihm Birte während des letzten Nachmittagsunterrichts am Rotteck-Gymnasium zugesteckt hatte.
»Ich komme!« Auf dem Papier hatten nur zwei Worte gestanden. Das genügte. Seine Geburtstagsfeier am Wochenende war gerettet.
Felix nahm mit Schwung die Kurve an der kürzlich neu gestalteten Straßenbahnhaltestelle am Rande der Freiburger Fußgängerzone. Seine Mutter hatte ihm aufgetragen, heute nicht zu spät zu kommen. Es gäbe wegen morgen noch einiges vorzubereiten. Außerdem wollten sie etwas Wichtiges mit ihm besprechen.
Er erinnerte sich, dass sie am Morgen ungewohnt ernst ausgesehen hatte. Doch vielleicht hatte er sich getäuscht. Die wechselnde Wetterlage mit Temperaturschwankungen von acht bis über 20 Grad, wie sie Mitte April im Breisgau üblich waren, machten der sonst so lebensfrohen Frau stets zu schaffen. Bestimmt hatte sie schlecht geschlafen.
Felix überquerte den Leopoldring und bog kurz danach links ab. Auf seinen üblichen Weg durch den Stadtgarten verzichtete er. Er hatte keine Lust, sich durch die Menge der Sonnenanbeter, Skater, Ballspieler und Mütter mit Kindern durchzuschlängeln. Es war immer noch angenehm warm am späten Nachmittag, und das tolle Wetter lockte auch den letzten Stubenhocker ins Freie.
Alles deutete darauf hin, dass die Temperaturen in den nächsten Tagen halten würden. Beste Voraussetzungen für die Fete am Wochenende. Felix hatte die halbe Klasse an den Baggersee eingeladen. Dass Birte nun doch kommen würde, war ein kaum erhofftes Geburtstagsgeschenk.
Auf dem Display seines kleinen Fahrradcomputers sah Felix, dass er noch ein bisschen Zeit hatte. Zeit genug, um einen schnellen Abstecher zu Zweirad-Brändlin zu machen. Seit Wochen kreisten seine Gedanken um den kleinen Laden am Rande des Herdermer Friedhofs.
»Alles fertig«, knurrte der alte Brändlin, gewohnt wortkarg, als Felix kurz darauf im Hinterhof den Meister persönlich antraf. »Patrick muss nur noch die Zündkerze auswechseln.«
Felix’ Herz schlug höher, als er die schnittige 125er sah. Brändlins Helfer hatte die Maschine bereits auf Hochglanz gewienert. Das dunkle Azurblau erinnerte an den Himmel Italiens. Der Rückspiegel und die Chromteile spiegelten sich in der Nachmittagssonne. Die Reifen und der Motor waren frisch gewaschen.
Als Felix das Motorrad vor fast einem Jahr zum ersten Mal bei Brändlin auf dem Hof gesehen hatte, war er begeistert. Die oder keine! Er würde dem alten Brändlin ewig dankbar sein, dass er ihm dies ermöglicht hatte. Er hatte einen vernünftigen Preis genannt und, was noch wichtiger war, versprochen, die Maschine für ein Jahr lang nicht weiterzuverkaufen.
Schon am nächsten Tag hatte Felix einen Aushilfsjob gesucht und gefunden. Dreimal in der Woche trug er noch vor der Schule bei jedem Wetter Prospekte aus, spielte den Babysitter in der Nachbarschaft und mähte für die pensionierte Studienrätin, die in einem ähnlichen Haus wie das der Bühlers ein paar Straßen weiter wohnte, den Rasen. Jeden Euro legte er auf die Seite. Trotz aller Mühen achtete er darauf, dass er in der S