: Thomas Erle
: Das Lied der Wächter - Das Erwachen Roman
: Gmeiner-Verlag
: 9783839258422
: Das Lied der Wächter
: 6
: CHF 10.50
:
: Fantasy
: German
: 414
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Seit einem verheerenden Atomunfall vor 16 Jahren gilt der Schwarzwald als unbewohnbar - die Bevölkerung wurde evakuiert und die gesamte Region zur Sperrzone erklärt. Die Menschen waren zunächst verunsichert, haben sich aber nach über einem Jahrzehnt wieder eingerichtet in ihrer heilen Welt. Doch die Regierung spielt seit Jahren ein falsches Spiel. Denn die Gefahr, die in dem verstrahlten Gebiet lauert, ist so viel größer, als sich die Menschen vorstellen können: Eine unerklärliche Kraft scheint alles Leben zu bedrohen ...

Thomas Erle verbrachte Kindheit und Jugend in Nordbaden. Nach dem Studium in Heidelberg zog es ihn auf der Suche nach Menschen und Erlebnissen rund um die Welt. Es folgten 30 Jahre Tätigkeit als Lehrer, in den letzten Jahren als Inklusionspädagoge. Parallel dazu entfaltete er ein vielfältiges künstlerisches Schaffen als Musiker und Schriftsteller. Seit über 20 Jahren lebt und arbeitet er in der Regio. In seiner Freizeit erkundet er mit Vorliebe den Schwarzwald. Seit Ende der 90er Jahre verfasste er zahlreiche Kurzgeschichten, von denen die erste 2000 veröffentlicht wurde. 2008 erschien zum ersten Mal ein Kurzkrimi. 2010 gehörte er zu den Preisträgern beim Freiburger Krimipreis, 2011 folgte die Nominierung zum Agatha-Christie-Krimipreis. 'Teufelskanzel', der erste Roman um den sympathischen Weinhändler Lothar Kaltenbach, erschien 2013 und wurde auf Anhieb ein Erfolg.

Kapitel 2


Als Felix Bühler am späten Freitagnachmittag des 12. April mit seinem Citybike wie gewohnt von der Schule nach Hause fuhr, deutete nichts darauf hin, dass noch vor Ende dieses sonnigen Frühlingstages nichts in seinem Leben mehr so sein würde wie zuvor.

Felix war so guter Laune, wie er es kurz vor seinem 16. Geburtstag nur sein konnte. Der Grund lag jedoch weniger an den ausgedehnten Versuchen seines Physiklehrers Dr. Justus Liebig als an dem Zettel, den ihm Birte während des letzten Nachmittagsunterrichts am Rotteck-Gymnasium zugesteckt hatte.

»Ich komme!« Auf dem Papier hatten nur zwei Worte gestanden. Das genügte. Seine Geburtstagsfeier am Wochenende war gerettet.

Felix nahm mit Schwung die Kurve an der kürzlich neu gestalteten Straßenbahnhaltestelle am Rande der Freiburger Fußgängerzone. Seine Mutter hatte ihm aufgetragen, heute nicht zu spät zu kommen. Es gäbe wegen morgen noch einiges vorzubereiten. Außerdem wollten sie etwas Wichtiges mit ihm besprechen.

Er erinnerte sich, dass sie am Morgen ungewohnt ernst ausgesehen hatte. Doch vielleicht hatte er sich getäuscht. Die wechselnde Wetterlage mit Temperaturschwankungen von acht bis über 20 Grad, wie sie Mitte April im Breisgau üblich waren, machten der sonst so lebensfrohen Frau stets zu schaffen. Bestimmt hatte sie schlecht geschlafen.

Felix überquerte den Leopoldring und bog kurz danach links ab. Auf seinen üblichen Weg durch den Stadtgarten verzichtete er. Er hatte keine Lust, sich durch die Menge der Sonnenanbeter, Skater, Ballspieler und Mütter mit Kindern durchzuschlängeln. Es war immer noch angenehm warm am späten Nachmittag, und das tolle Wetter lockte auch den letzten Stubenhocker ins Freie.

Alles deutete darauf hin, dass die Temperaturen in den nächsten Tagen halten würden. Beste Voraussetzungen für die Fete am Wochenende. Felix hatte die halbe Klasse an den Baggersee eingeladen. Dass Birte nun doch kommen würde, war ein kaum erhofftes Geburtstagsgeschenk.

Auf dem Display seines kleinen Fahrradcomputers sah Felix, dass er noch ein bisschen Zeit hatte. Zeit genug, um einen schnellen Abstecher zu Zweirad-Brändlin zu machen. Seit Wochen kreisten seine Gedanken um den kleinen Laden am Rande des Herdermer Friedhofs.

»Alles fertig«, knurrte der alte Brändlin, gewohnt wortkarg, als Felix kurz darauf im Hinterhof den Meister persönlich antraf. »Patrick muss nur noch die Zündkerze auswechseln.«

Felix’ Herz schlug höher, als er die schnittige 125er sah. Brändlins Helfer hatte die Maschine bereits auf Hochglanz gewienert. Das dunkle Azurblau erinnerte an den Himmel Italiens. Der Rückspiegel und die Chromteile spiegelten sich in der Nachmittagssonne. Die Reifen und der Motor waren frisch gewaschen.

Als Felix das Motorrad vor fast einem Jahr zum ersten Mal bei Brändlin auf dem Hof gesehen hatte, war er begeistert. Die oder keine! Er würde dem alten Brändlin ewig dankbar sein, dass er ihm dies ermöglicht hatte. Er hatte einen vernünftigen Preis genannt und, was noch wichtiger war, versprochen, die Maschine für ein Jahr lang nicht weiterzuverkaufen.

Schon am nächsten Tag hatte Felix einen Aushilfsjob gesucht und gefunden. Dreimal in der Woche trug er noch vor der Schule bei jedem Wetter Prospekte aus, spielte den Babysitter in der Nachbarschaft und mähte für die pensionierte Studienrätin, die in einem ähnlichen Haus wie das der Bühlers ein paar Straßen weiter wohnte, den Rasen. Jeden Euro legte er auf die Seite. Trotz aller Mühen achtete er da­rauf, dass er in der S