: Michael Wagner
: Im Grab ist noch ein Eckchen frei Ein Sauerland-Krimi
: Verlagsgruppe Lübbe GmbH& Co. KG
: 9783732566952
: Kettling und Larisch ermitteln
: 1
: CHF 8.90
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 238
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

In Lüdenscheid findet ein feuchtfröhliches Klassentreffen statt. Unter den Teilnehmern ist auch Theo Kettling. Als der Frührentner am nächsten Tag verkatert aufwacht, erreicht ihn eine Hiobsbotschaft:Drei Schulkameraden sind nach der Feier mit ihren Autos tödlich verunglückt, und zwar völlig unabhängig voneinander. Kann das Zufall sein? Nein!, meint Lieselotte Larisch, eine Bekannte von Theo. Die pensionierte Schulrektorin merkt nämlich sofort, wenn eine Sache zum Himmel stinkt. Also nehmen sie und Theo die Ermittlungen auf - und befinden sich bald auf einer abenteuerlichen Mörderjagd quer durchs Sauerland.



Michael Wagner, Jahrgang 1968, ist diplomierter Ingenieur der Produktionstechnik und gelernter Journalist. Heute arbeitet er als PR-Experte für ein großes Industrieunternehmen und lebt in der Nähe von Marburg. Seine Krimi-Reihe um die zwei Rentner Theo Kettling und Lieselotte Larisch ist eine Liebeserklärung an seine Heimat, das Märkische Sauerland.

2


Das Erste, was Theo Kettling wahrnahm, war das Gesicht. Es hatte ein verschmutztes Fell, zumindest noch an zwei oder drei Stellen, und gläserne braune Augen mit großen schwarzen Pupillen. Das Gesicht seines Teddybären Fipsi, des besten und treuesten Freundes aus Kindheitstagen. Ein Freund, den er einfach nicht wegwerfen konnte und der deshalb seit Jahren, eigentlich seit Jahrzehnten, seinen festen Platz oben auf dem Kleiderschrank im Schlafzimmer hatte.

Aus der Tatsache, dass er Fipsis Gesicht deutlich erkennen konnte, schloss er, dass es draußen bereits hell geworden war – was allerdings nicht viel hieß, weil es der 21. Juni war und die Sonne bereits um kurz nach vier aufging.

Gerade wollte er versuchen, seinen Arm zu befreien, der unter dem Kopfkissen vergraben war, um auf die Uhr zu schauen, als das Telefon schrill klingelte. »Welcher Idiot ruft mich mitten in der Nacht an?«, murmelte er, als er schwankend und von urplötzlich einsetzenden Schmerzen in Kopf und Rücken gepeinigt in die Diele wankte.

Es war Elfriede Nöllenkamp, deren Stimme er auch in seinem Zustand deutlich anmerkte, dass etwas passiert sein musste.

»Du weißt es noch nicht, oder?«

»Äh, nein … was meinst du, Elfriede?«

»Eva … sie ist …«, ihre Stimme wurde brüchig. »Sie ist mit dem Auto … ach Theo, es ist alles so furchtbar.«

Elfriede Nöllenkamp begann zu schluchzen, und Theo spürte eine Übelkeit in sich aufsteigen. Doch er riss sich zusammen und ließ sich nichts anmerken; es reichte, wenn Elfriede ihre Nerven nicht mehr kontrollieren konnte.

»Ich habe gleich heute Morgen bei ihr angerufen, so wie ich es immer nach einem Klassentreffen tue, um mich zu erkundigen, ob sie gut zu Hause angekommen ist. Diesmal ging ihr Mann ans Telefon, und ich habe gleich gemerkt, dass … dass etwas Schlimmes …«

Elfriede war nun völlig aufgelöst, und Theo hatte Mühe, ihre Worte zu verstehen.

»Sie ist wahrscheinlich eingeschlafen und mit dem Auto gegen … gegen eine Brücke gerast.«

Es folgte eine Pause, in der nur Elfriedes Schluchzen zu hören war.

»Sie muss sofort tot gewesen sein, Theo.«

»Oh mein Gott«, hörte er sich selbst sagen, während er das Gefühl hatte, jemand stülpte ihm eine Plastiktüte über den Kopf.

»Und das ist noch nicht alles.«

Theo hätte gern etwas erwidert, hätte gern ›Was ist denn noch passiert?‹ oder etwas Ähnliches gefragt. Aber er konnte nicht sprechen. Er atmete tief ein und versuchte es. Doch er konnte nicht.

»Rolf …«, fuhr Elfriede schließlich auch ohne Aufforderung fort, »… er ist auf der Fahrt nach Stuttgart ebenfalls am Steuer eingeschlafen. Und er hat den Unfall wohl nur deshalb überlebt, weil er diesen riesigen Mercedes fährt. Das Auto ist kaputt, aber ihm selbst ist Gott sei Dank nichts passiert.«

Elfriede Nöllenkamp hatte sich offenbar etwas beruhigt. Ihr Schluchzen wurde weniger, ihr Atem ruhiger. Sie sagte nichts mehr, und auch Theo blieb stumm.

Es tat gut, nich