CAESAR ERFINDET
DIE GERMANEN
Rom und Gallien vor Caesar
Im März des Jahres 60 v. Chr. war die Bedrohung durch barbarische Asylsuchende das wichtigste Gesprächsthema in Rom, wie der Philosoph, Anwalt und Politiker Cicero schrieb. Nachdem es weiter nördlich zu Unruhen und Kriegen gekommen war, überfluteten sie die bereits unterworfenen, romanisierten Gebiete Galliens – also im Wesentlichen das heutige Südfrankreich und Oberitalien. Es schien, als wäre im weiter nördlich gelegenen freien Gallien eine neue, Ärger verheißende Macht aufgetaucht. Gaius Julius Caesar, der als neuer Prokonsul der gallischen Provinzen mit einem Eroberungskrieg seinen Ruf steigern und seine Schulden tilgen wollte, gab ihr im Jahr 58 v. Chr. einen Namen:Germani.
Bereits mit der ersten Erwähnung auf Seite eins seines BestsellersDer Gallische Krieg verbindet Caesar mit diesenGermani die Vorstellung, dass diese »das Gebiet jenseits des Rheins bewohnen«. Er füllt damit eine Landkarte, die für seine Leser genauso weiß gewesen sein muss wie Zentralafrika für das Publikum von Henry Morton Stanley und Carl Peters. Während sich Rom und Gallien geografisch und kulturell überschneiden, lebt jenseits des Rheins ein gänzlich verschiedenes Volk – diese Botschaft wird imGallischen Krieg über viele Seiten unermüdlich wiedergekäut.
Caesar muss schon bald feststellen, dass er vor einer schwierigen Lage steht: Einige gallische Stämme haben fünfzehntausend kampferprobte Germanen bestochen, den Rhein zu überqueren und ihnen gegen die mächtigen Häduer beizustehen. Doch nach erfolgreicher Mission sendet der Germanenführer Ariovist weitere Männer über den Fluss und ist nun de facto Herrscher über das gesamte nichtrömische Gallien. Einhundertzwanzigtausend Germanen befinden sich bereits in Gallien; bald schon werden noch mehr kommen. Sie werden die Einheimischen vertreiben und zwingen, sich eine neue Heimat zu suchen.
Als echter Patriot erkennt Caesar die Gefahr sofort: Bald schon werden barbarische Migranten die gallischen Provinzen Roms– vielleicht sogar Rom selbst – überfluten. Er spornt seine verzagten Legionäre mit einer glänzenden Rede an und dringt ins Feindesland vor, wobei er die gefürchteten engen Pfade und dichten Wälder geflissentlich meidet. Die Stämme, die er unter dem WortGermani zusammenfasst, zwingt er im Jahr 58 v. Chr. in der Schlacht im Elsass zum Kampf gegen seine Truppen.
Die Germanen werden geschlagen. Ihre ohnehin schwere Niederlage geht, wie es in vormodernen Kriegen häufig vorkommt, in ein umfassendes Gemetzel über. Als die Überlebenden über den Fluss fliehen, will Caesar sie verfolgen. Die Ubier (Germanen zwar, aber Verbündete Roms) bieten ihm an, seine Truppen in Booten über den Rhein zu setzen. Doch Caesar ist der Ansicht, dass es römischer und zugleich sicherer sei, eine Brücke – wahrscheinlich in der Nähe des heutigen Bonn – über den Fluss zu bauen. Seine Legionen erledigen diese Aufgabe in zehn Tagen – eine erstaunliche Leistung.
Doch wie bewundernswert Roms Militärtechnik auch sein mag, am Ende entscheidet immer der Kampf im Gelände über Sieg und Niederlage. Und die Germanen kennen das Gelände. Sie fliehen in die Wälder, wo sie, wie Caesar herausfindet, ihre Kräfte bündeln und den römischen Angriff abwarten wollen. Daraufhin beschließt Caesar, der bereits tief ins Land vorgedrungen ist, »für Ruhm und Vorteil« (so sein eleganter Standpunkt) sei genug getan. Er kehrt nach Gallien zurück und zerstört die Brücke hinter sich.
Bis zum Ende desGallischen Kriegs verbleiben die Germanen als potenzielle Verbündete all jener Gallier, die zur Rebellion bereit sind, in Lauerstellung. Es gibt nur eine Lösung: Sie sollen die ganze Macht Roms kennenlernen. Als sie nun im Jahr 55 v. Chr. versuchen, in Scharen über den Rhein nach Gallien einzuwandern, beschließt Caesar, »Krieg