: Norman G. Dyhrenfurth
: Wozu ein Himmel sonst? Erinnerungen an meine Zeit im Himalaya
: Tyrolia
: 9783702236908
: 1
: CHF 6.30
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: Biographien, Autobiographien
: German
: 144
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Der Name Dyhrenfurth ist untrennbar mit dem Himalaya verbunden. Das Reich der Chomolongma - Göttinmutter der Erde, wie die Tibeter den Mount Everest nennen, zieht Norman G. Dyhrenfurth (1918-2017) ein Leben lang in seinen Bann. 1952, ein Jahr vor der Erstbesteigung, besucht er den höchsten Berg dieser Erde ein erstes Mal - eine Erfahrung, die sein Leben verändert. Er hängt seine akademische Karriere an den Nagel und treibt den Plan weiterer Himalaya-Expeditionen voran. 1963 erfüllt sich sein Traum einer ersten amerikanischen Everest-Expedition, deren Erfolg zum Höhepunkt seines Lebens wird. Das vorliegende Buch versammelt die schönsten unveröffentlichten Texte aus dem Nachlass dieses großen Bergsteigers und Filmemachers, der heuer im Mai 100 Jahre alt geworden wäre. Es erzählt von einzigartigen Momenten, Triumphen und Tragödien, und lässt die tiefe Faszination, die von den höchsten Gipfeln der Welt und der Kultur der an ihrem Fuße lebenden Menschen ausgeht, ganz unmittelbar lebendig werden. Das Vorwort des bekannten amerikanischen Bergsteigers und Everest-Spezialisten Ed Webster sowie das abschließende Lebensbild, verfasst vom langjährigen Leiter des Salzburger Bergfilmfestivals Dr. Michael Bilic, setzen dazu den biographischen Rahmen.

NORMAN G. DYHRENFURTH, wurde am 7. Mai 1918 als Sohn des legendären Himalaya-Pioniers Oskar Günter Dyhrenfurth (1886-1975) und seiner Frau Hettie nahe Breslau geboren. 1926 übersiedelten die Dyhrenfurths zunächst in die Schweiz, später emigriert Hettie in die USA. 1937 besucht Norman Dyhrenfurth dort seine Mutter - und bleibt. Er arbeitet als Skilehrer, Bergführer und Kameramann; 1948 wird er als Professor für Cinematographie und Dokumentarfilm an die University of California, Los Angeles, berufen. Bis zum Ende seines langen Lebens wird er weit über 100 Filme drehen, die teils internationale Beachtung finden. Norman G. Dyhrenfurth stirbt am 24. September 2017 in Salzburg, wo er seit 1970 mit seiner Lebensgefährtin Maria Sernetz lebte.

Mingma Dorje aus Namche Bazar


Der Kampf um den Everest lief auf Hochtouren. Es war Ende Oktober 1952, und fünf Lager waren bereits errichtet: Lager 1 (Standlager) am Fuße des Khumbu-Eisfalls. Lager 2 auf halber Höhe, Lager 3 auf etwa 6100 Meter am Eingang zum Westbecken, Lager 4 (vorgeschobenes Standlager) auf 6550 Meter fast am Fuße der Everest-Südwestwand und Lager 5 auf etwa 6800 Meter unterhalb der Eiswand, die den direkten Aufstieg zum Südsattel ermöglicht. Unsere Erfolgsaussichten wurden durch außergewöhnliche Kälte, heftige Stürme und immer kürzer werdende Tage beeinträchtigt. Darunter litt nicht nur die körperliche und seelische Verfassung der Mannschaft, auch unsere Umgebung war von diesen Umständen gezeichnet: In großen Höhen waren sämtliche Steilhänge beinahe schneefrei, überall schillerte blankgefegtes Eis blaugrün und abweisend. Das bedeutete eine Unmenge von Stufen, Eishaken und Fixseilen, um den Lastentransport zum Südsattel sicherzustellen. Lager 6 sollte dort auf fast 8000 Meter errichtet werden, und dann noch ein letztes Sturmlager, so hoch wie möglich.

Am 29. Oktober waren Jean Buzio und fünf Sherpas von früh bis spät damit beschäftigt, in harter Arbeit Haken zu schlagen und Seile zu spannen. Mit Feldstecher und Fernrohr verfolgten wir vom Lager 4 aus ihren Fortschritt. Sechs winzige Punkte, wie Ameisen in dieser lebensfeindlichen, fast erdrückenden Bergwelt. Am nächsten Nachmittag kehrten Jean und ein Sherpa zurück, die anderen blieben im Lager 5, wo der ständige Wind die Nächte noch unerfreulicher gestaltete als hier im vorgeschobenen Standlager. Jean sah alt und erschöpft aus. Die psychische und physische Belastung der letzten Tage und Wochen machte sich bemerkbar. Er war selig, die Sicherheit und den Komfort unseres Lagers erreicht zu haben, während wir, die wir ihn mit heißem Tee, Rum und Keksen begrüßten, ihm unsere Anerkennung für die geleistete Tagesarbeit aussprachen.

Tatsächlich war dies das erste Mal seit der Anreise, dass die ganze Mannschaft – mit Ausnahme von Gustave Gross im Lager 5 – beisammen war. Einige waren bisher in den unteren Lagern geblieben, andere waren am Vorstoß zum Südsattel beteiligt, und ich hatte in Neu-Delhi drei Wochen auf die nepalische Bewilligung warten müssen, bis ich endlich der Expedition auf kürzestem Wege von Süden her nacheilen konnte. Der heuti