Fast wie im Märchen
Diese Geschichte steht für sich allein, man kann sie gut verstehen, ohne auch nur ein Buch aus der Reihe Gilde der Jägergelesen zu haben. Ihr müsst lediglich wissen, dass es in der hier dargestellten Welt außer Menschen auch noch Engel und Vampire gibt.
Für Leser der Reihe: Diese Geschichte spielt nach den im Band Engelsseelegeschilderten Ereignissen, und es gibt ein paar Spoiler in Bezug auf frühere Bücher der Reihe.
Als Talu die Fee aus Metall entdeckte, wollte sie ihren Augen kaum trauen. Das winzige Ding lugte aus einer kleinen Nische in der Mauer eines alten Sandsteinhauses hervor. Es schien so, als habe jemand einen Ziegel entfernt, um es zur sicheren Aufbewahrung dort unterzubringen. Nur war hier niemand, und es waren auch nicht die geringsten Anzeichen dafür vorhanden, dass es jemandem gehörte, der sich hier in dem schmalen Durchgang zwischen den beiden alten Häusern häuslich eingerichtet hatte.
Beide Häuser standen in einem Bereich der Straße, der kurz vor dem Abriss stand. Die Mauern und der Zaun, über den Talu gerade geklettert war, waren bepflastert mit roten Warnschildern. Alle Häuser hier standen leer, kein Fenster war mehr heil geblieben, und in den Zimmern gab es nichts mehr, was noch irgendeinen Wert gehabt hätte. Talu hatte sämtliche Häuser durchsucht, oder doch zumindest einen Blick hineingeworfen, hatte gehofft, wenigstens eine Kleinigkeit zu entdecken, die übersehen worden war und die sie verkaufen konnte, um sich Essen zu beschaffen. Vergebens. Wer diese Häuser ausgeräumt und entrümpelt hatte, war gründlich vorgegangen und hatte sogar die Kabel und Leitungen aus den Wänden und die Deckenlampen mitgenommen.
Talu, die nach der vergeblichen Suche hundemüde war, hatte sich kurz überlegt, ob sie in einem der Häuser übernachten sollte, sich aber dagegen entschieden. Sie wirkten nicht mehr besonders sicher, und vor allem waren sie so leer, so zerfallen.
Sie hatte gerade beschlossen, draußen zu bleiben, und war dabei gewesen, sich durch den kleinen unauffälligen Durchgang zwischen den beiden Sandsteingebäuden zu zwängen, als sie die Fee entdeckt hatte. Jetzt sah sie sich noch einmal suchend um, weil sie ganz sicher sein wollte, dass das winzige Ding auch wirklich niemandem gehörte. Wenn jemand diese Fee brauchte, würde sie sie natürlich nicht mitnehmen. Aber nach wie vor rührte sich nichts, der kleine Durchgang lag leer und verlassen da.
Leer bis auf den Müll, der überall herumlag. Leere Dosen, vergilbtes Zeitungspapier, uralte Orangenschalen, hart wie Stein und verschimmelt, dazu ein Haufen trockener Blätter und Schmutz, den wohl der Wind von der Straße hier hereingetragen hatte.
Wie hatte jemand diese Fee im Stich lassen können? Sie war so schön!
Talu hatte oft von dem Feenbaum oben an der High Line erzählen hören, aber der war bereits leer gewesen, als sie es endlich geschafft hatte, den Park aufzusuchen. Alle Feen dort waren sozusagen in den Händen von Besuchern fortgeflogen, zurückgeblieben war lediglich ein Baum, dessen kahle Äste sich gegen den weißen Schnee abzei