: Valérie Trierweiler
: Die Dame in Gold Roman
: Aufbau Verlag
: 9783841215994
: Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe
: 1
: CHF 8.80
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 384
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

D r Roman um tragische Lebensgeschichte von Adele Bloch-Bauer, Muse und Geliebte von Klimt und Ikone des Jugendstils.

W en, 1903: Adele ist jung, unangepasst und neugierig. In ihrem Salon treffen sich die Künstler der Avantgarde, und hier begegnet sie zum ersten Mal Gustav Klimt. Sofort ist sie fasziniert, von seinem Genie, aber auch seinem unangepassten Lebensstil. In den unzähligen Stunden, in denen Adele ihm in seinem Atelier Modell sitzt, entwickelt sich zwischen ihnen eine innige Liebe. Ihm hat sie zu verdanken, dass sie nach dem tragischen Tod ihres Sohnes wieder ins Leben findet. Für Gustav ist sie die Lebensliebe und die Muse, die sein Schaffen wie keine andere Frau geprägt hat.



Valérie Trierweiler, geboren 1965, studierte Geschichte und Politikwissenschaften in Paris und arbeitet seitdem als Journalistin. 'Die Dame in Gold' hat in der französischen Presse für viel Aufsehen gesorgt.

1.
Das Rehkitz


Es ist der vierte Oktober des Jahres 1904 und der schönste Tag ihres Lebens. Adele wacht auf, sie hat erstaunlich gut geschlafen. Die Bettwäsche verströmt einen köstlich frischen Duft, offenbar wurde sie gewechselt, ohne dass sie sich daran erinnert. Ihr Blick wandert durch das Schlafzimmer, es ist, als sähe sie es zum ersten Mal. Alles in ihr ist so anders.

Natürlich spürt sie noch die Folgen der Entbindung, nur mit Mühe kann sie sich bewegen oder zu der weißen Wiege drehen. Aufzustehen scheint ihr unmöglich. Doch all das zählt nicht, sie will ihr Kind sehen. Sie will es endlich wieder in ihren Armen halten, den kleinen warmen Körper an ihre Brust drücken. Sie hat darum gebeten, ihn nicht zu fest zu wickeln. Der Kontakt mit seiner zerknitterten weichen Haut fehlt ihr. Genauso wie sein hübsches kleines Gesichtchen – wie sehr er Karl ähnelt, ihrem Lieblingsbruder. Sie hatte noch gar nicht genug Zeit, es zu bewundern.

Aus der Wiege ist kein Laut zu hören. Mühsam richtet sie sich auf und schaut zu dem kleinen Bettchen hinüber, aber es ist leer. Sicher hat die Hebamme den Kleinen zu sich genommen, um seine Windeln zu wechseln. Auch sie müsste man umkleiden, sie hat viel Blut verloren. Adele greift nach der Glocke und läutet, mit viel mehr Ungeduld als zuvor. Sofort erscheint ihre Kammerzofe.

»Hannah, ich möchte, dass man mir den Kleinen bringt.«

Die junge Frau senkt den Blick.

»Ich sage Bescheid, gnädige Frau, ich sage Bescheid«, erwidert sie zögernd.

Dann huscht sie mit abgewandtem Kopf aus dem Zimmer. Adele wartet. Sie kann es kaum erwarten, ihren Sohn in die Arme zu schließen. Sie will nicht mehr an das Unglück des letzten Jahres denken. Zwar wird Fritz seine kleine, totgeborene Schwester niemals ersetzen können. Aber nun ist er da, und sie ist bereit, ihm die ganze Liebe zu schenken, die sich seit damals in ihr angestaut hat. Nie wird sie den 24. Februar vergessen. Sie ist vor Kummer fast vergangen. Weder der Arzt noch die Hebamme hatten zugelassen, dass sie das tote Kind sah. Schlimmer noch, ihre Kleine erhielt weder einen Vornamen noch ein Grab. Von einer Fehlgeburt war die Rede, dabei war sie schon längst über den sechsten Monat hinaus. Stundenlang hat sie an diesem Tag zugesehen, wie der Schnee fiel, alles war eisig. Draußen ebenso wie in ihrer Seele.

Aber nun darf sie nicht in diesem Unglück verharren, sondern wird sich um ihn kümmern, schon gleich wird si