Vorwort
SIE UND DAS UNIVERSUM SIND EINS
Es gibt eine Beziehung im Leben eines jeden, die bislang geheimnisvoll im Dunkeln lag. Man weiß nicht, wann sie anfing, und doch hängen wir in allem von ihr ab. Wenn sie jemals enden würde, verschwände die Welt buchstäblich in einem Nebel: Es handelt sich um Ihr Verhältnis zur Realität.
Unendlich viel muss zusammenkommen, um die Wirklichkeit entstehen zu lassen. Und doch passiert dies unbemerkt. Denken Sie an das Sonnenlicht. Zunächst einmal kann die Sonne nur scheinen, weil es Sterne gibt, denn schließlich ist sie selbst ein mittelgroßer Stern etwas außerhalb des Zentrums der Milchstraße, unserer Heimatgalaxie. Immer noch gibt es Geheimnisse zu entschlüsseln, vor allem, wie sich Sterne bilden, woraus sie bestehen und wie das Licht im unermesslich heißen Kessel im Inneren entsteht. Doch das ist nicht das Geheimnis. Sonnenlicht legt bis zur Erde rund 92 Millionen Kilometer zurück, tritt dann in die Atmosphäre ein und trifft irgendwo auf. In diesem Fall ist dieses Irgendwo genau Ihr Auge. Photonen, Energiepakete, die das Licht transportieren, stimulieren die Netzhaut im Augenhintergrund und lösen dadurch eine Reihe von Vorgängen aus, die zum visuellen Kortex Ihres Gehirns führen.
Der Unterschied zwischen Blindheit und Sehfähigkeit liegt – so viel weiß man – in der Art und Weise, wie das Gehirn das Licht verarbeitet. Doch der Schritt, auf den es wirklich ankommt, nämlich wie das Licht zum Bild wird, bleibt im Dunkeln. Ganz gleich, was Sie sehen – ob Apfel, Wolke, Berg oder Baum –, ein Objekt wird nur durch die Reflexion des Lichts überhaupt sichtbar. Aber wie kommt es dazu? Das weiß man nicht. Die geheimnisvolle Formel muss aber mit Sehen zu tun haben, weil es zu den elementaren Wegen zur Realität gehört.
Was den Sehvorgang so geheimnisvoll macht, lässt sich mit folgenden Fakten belegen:
• Photonen sind unsichtbar. Sie leuchten auch nicht, selbst wenn wir Sonnenlicht als leuchtend wahrnehmen.
• Im Gehirn ist es stockdunkel. Es sieht dort eher nach hafermehlartigen Zellen aus, umgeben von einer Flüssigkeit, nicht viel anders als Meerwasser.
• Da es im Gehirn kein Licht gibt, gibt es auch keine Bilder oder Bildvorräte. Wenn Sie sich das Gesicht eines geliebten Menschen vorstellen, ist dieses nicht wie ein Foto fertig im Hirn archiviert.
Momentan kann man noch nicht erklären, wie unsichtbare Photonen im Gehirn in chemische Reaktionen und schwache elektrische Impulse umgewandelt werden und so die dreidimensionale Realität schaffen, die wir alle als gegeben hinnehmen. In Gehirnscans kann man die elektrische Aktivität erfassen, die auf einemMRT als helle und farbige Flächen erscheint.Irgendetwas passiert also im Hirn. Doch die wahre Natur des Sehens bleibt im Dunkeln, auch wenn man eines weiß: Der Sehvorgang erfolgt durch Sie. Ohne Sie können weder die Welt noch die Weiten des Universums existieren.
Sir John Eccles, berühmter britischer Neurologe und Nobelpreisträger, hat einmal gesagt: »Ich möchte, dass Sie wissen, dass es keine Farbe in der Welt gibt, keinen Klang – nichts dergleichen, keine Textur, kein Muster, keine Schönheit, keinen Duft.« Eccles meinte damit, dass all die Eigenschaften der Natur, vom betörenden Duft einer Rose über den Stich einer Wespe oder den Geschmack von Honig alles vom Menschen kommt. Das ist eine Aussage, die nichts außen vor lässt. Selbst noch dem entlegendsten Stern – Milliarden Lichtjahre entfernt – kommt ohne Sie keine Wirklichkeit zu. Denn alles, was einen Stern real m