: Christiane Driesen, Haimo-Andreas Petersen, Werner Rühl
: Gerichtsdolmetschen Grundwissen und -fertigkeiten
: Narr Francke Attempto
: 9783823300472
: 2
: CHF 17.90
:
: Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft
: German
: 242
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die anspruchsvolle Tätigkeit als ÜbersetzerIn und DolmetscherIn an Gerichten und Behörden erfordert neben hervorragenden Sprachkenntnissen auch juristisches Know-how sowie Erfahrung in den verschiedenen Dolmetsch-Techniken. Dieses Studienbuch vermittelt sowohl die unterschiedlichen translatorischen Kompetenzen als auch das nötige juristische Grundlagenwissen über Zivil- und Strafverfahren, die für das Gerichtsdolmetschen und -übersetzen notwendig sind. Damit bereitet es zuverlässig auf die Zulassung für die Beeidigung bzw. Vereidigung als GerichtsdolmetscherIn vor und ist zum Selbststudium sowie als Unterrichtsgrundlage für entsprechende Lehrgänge bestens geeignet. Die zweite Auflage wurde gründlich überarbeitet. Berücksichtigt werden darin insbesondere die neuen EU-Richtlinien 2010/64 über das Recht auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen in Strafverfahren und 2012/29 über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten. Pressestimmen: 'This book, while focused on German court cases, provides ideal support for any kind of practical training for interpreters' (Target 26/1 2014). 'Der Ladenpreis ist für die Fülle an wertvollem Inhalt so bescheiden, dass man jedem Kandidaten für die Zulassung als Gerichtsdolmetscher nur empfehlen kann, das Buch zu erwerben' (EULITA-Homepage).

Prof. Dr. Christiane J. Driesen, juristische Übersetzerin und Dolmetscherin, ist wissenschaftliche Leiterin einer Weiterbildung für juristische Übersetzer und Dolmetscher am ZFW der Universität Hamburg und war von 2009 bis 2017 Vize-Präsidentin von EULITA (European Legal Interpreters and Translators Association). Haimo-Andreas Petersen ist Direktor des Amtsgerichts Haldensleben. Werner Rühl ist Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht Hamburg, Lehrbeauftragter der Bucerius Law-School und Universität Hamburg sowie Mitglied der Studienleitung 'Dolmetschen und Übersetzen für Gerichte und Behörden' an der Universität Hamburg.

2Modul Kommunikationskompetenz


2.1Begründung


So erstaunlich es für manche klingen mag, so selbstverständlich ist es doch, dass Dolmetscher ein Vertrauen erweckendes Auftreten sowie eine rhetorische Kompetenz bilden, die conditio sine qua non seiner Akzeptanz bei Gericht und bei den Parteien. Hier gelten sinngemäß die Ergebnisse der psychologischen Forschung hinsichtlich der Glaubwürdigkeit von Rednern. Zum beruflichen Überleben darf der Dolmetscher den verschiedenen Parteien (Richter, Staatsanwalt, Verteidiger …) keine Angriffsfläche zur Kritik bieten.

Alle Gerichtsparteien müssen das Gefühl bekommen, dass sie sich auf einen erfahrenen Dolmetscher bedingungslos verlassen können.

2.2Kommunikation im Dienst des Berufsethos


Der Dolmetscher ist aus berufsethischen Gründen neutral und muss diesen Anspruch auch äußerlich deutlich vermitteln. Aus denselben Gründen darf er keine falschen Erwartungen über seine Funktion hervorrufen und auf keinen Fall die Aufmerksamkeit ungebührlich auf sich lenken; daher hat seine äußere Erscheinung (Kleidung, Schmuck, Frisur etc.) diskret zu sein. Dies ist nicht nur als Zeichen der Achtung vor der Justiz wichtig, sondern auch, um bei Menschen aus anderen Kulturen zuverlässig und vertrauenswürdig zu erscheinen. Dolmetschen ist eine Dienstleistung; Anbieter von Dienstleistungen stellen ihre Belange üblicherweise hinter die ihrer Kundschaft bzw. Auftraggeber. Ein Arzt oder ein Notar mit auffälligen Piercings und Punkfrisur würde im Allgemeinen auch nicht als vertrauenswürdige Erscheinung wahrgenommen werden.

Das Einhalten der Grundregeln der Höflichkeit und der kulturellen Bräuche muss selbstverständlich sein. Dies gilt insbesondere für die Begrüßung und für die Vorstellung als Dolmetscher, aber auch für Situationen, in denen unentbehrliche Klärungsfragen gestellt werden müssen oder für die angemessene Reaktion auf berechtigte und sogar unberechtigte Kritik.

2.3Erwerb von Fertigkeiten der Kommunikationskompetenz


Spezifische Fertigkeiten, die dem Erwerb und der Verbesserung der mündlichen Dolmetschkommunikation dienen, werden nun in diesem Modul zuerst beschrieben. Angesprochen werden: Souveränität durch sicheres und korrektes Auftreten, visualisierendes Gedächtnis, Redegewandtheit, freies Sprechen und korrekte Vorlesetechnik.

2.3.1Souveränität durch Körperhaltung und -sprache

2.3.1.1Richtiges Atmen

So offensichtlich es auch erscheinen mag, die richtige Atemtechnik ist die Grundlage einer guten Dolmetschleistung. Richtiges Atmen ist zur Bekämpfung des Stresses und zur Förderung der Konzentration unentbehrlich. Die Modulierung der Stimme hängt auch direkt von der Atmung ab. Gemeint ist hier eine korrekte Bauchatmung.

2.3.1.2Gerades Stehen, gerades Sitzen

Gerades Stehen und gerades Sitzen sind Grundvoraussetzung für das richtige Atmen. Beim Sitzen sollte man vermeiden, die Atmung durch Anlehnen an die Tischkante zu behindern. Andererseits vermittelt eine gerade Körperhaltung den Eindruck professioneller Selbstsicherheit. Dabei soll das Körpergewicht gleichmäßig auf beiden Füßen verteilt werden. Der so genannte „Bärentanz“, d.h. das Balancieren von einem Fuß auf den anderen, irritiert das Publikum und zeigt die Verlegenheit des Dolmetschers allzu deutlich.

2.3.1.3Natürliche Gestik zur Unterstützung der Rede (Mitteilung)

In nördlichen Ländern wirkt Gestikulieren unseriös. Eine dezente Gestik ist dennoch sehr hilfreich zur Unterstützung der richtigen Wortwahl. Einige Grundsätze sollten dabei beachtet werden:

Die Hände und Arme bewegen sich im Bereich des Oberkörpers und unterhalb des Halses. Gesicht und Haare sollten möglichst nicht berührt werden, da dies das Publikum ablenkt. Die Arme zu verschränk