Hinter Cremona hob kräftiger Wind an; Paolo Lodigiani machte den Motor aus und hisste das Segel. Eine plötzliche, verzauberte Stille umfing uns. Wir befanden uns im Bauch der italienischen Industrielokomotive; hinter dem Damm klirrten Stahlwerke, furzten Schweine und donnerten Lkws, doch auf dem Fluss herrschte absolute Stille, es ergab sich wie von selbst, dass wir leise sprachen. An Bord herrschte Schweigen. Valentina und Alex waren an Land geblieben, und wir waren weit weg von allem, zwischen mauerhoher Vegetation wie auf dem Mekong oder dem Mississippi. Das Besansegel hatte sich auf Dreiviertel gedreht, der Wind wehte quer zur Strömung. Paolo sagte: „Rückenwind nützt uns nichts, er ist genauso schnell wie das Wasser.“ Ich begriff, so entstand kein Auftrieb, deshalb starten Flugzeuge immer gegen den Wind. Ich setzte das Gaffelsegel, es füllte sich, drückte uns gegen den Damm links und einen Bauernhof namens Bandera.
Man hatte uns gewarnt: Mit einem Motorboot auf dem Fluss zu fahren ist, als würde man mit dem Motorroller durch die Uffizien brausen. Eine Schande, ein Sakrileg. So hört man nicht die Stimme des Gottes, der ihn bewohnt. Jeder Fluss hat einen eigenen Gott mit einer ganz individuellen Stimme und Strömung. Der Euphrat hat dasselbe Timbre wie die Seine. In der Kurve zwischen den Bergen, zwischen Esztergom und Budapest, brüllt die Donau, doch schon zweihundert Meter später wird sie zu einer flüsternden Panflöte, zu einem leisen Gesang, der sich im Gebiet zwischen Ungarn, Serbien, Kroatien und Rumänien, wo Drau, Mureş, Save, Theiß und March ein Meer bilden, verliert. Und der Nil, dessen Stimme ich ein Jahr davor eines Abends, zur Stunde der Löwen, in dem weitläufigen Gebiet zwischen Uganda und der Karthoum-Oase gelauscht hatte, war reine Polyphonie, eine Partitur, bei der jedes Rinnsal ein Notensystem war. Ganges, der Fluss der Hindus, trägt den Gesang bereits in seinem Namen, der auf das Fließen verweist.
Ich musste lange warten, bis ich die Stimme des Po hörte, o